Meisterlich tarnt sich das Gebäude inmitten der Felsen. Nur die großen Panoramafenster und die Brüstung am Rand der Aussichtsterrasse verraten: Hier war ein Mensch am Werk. Und was für einer. César Manrique, bekanntester Künstler und Sohn Lanzarotes, schuf den Mirador del Río im Jahr 1973, um Besuchern von nah und fern die Schönheit der Insel näherzubringen. Denn selbst Einheimische wussten die selten genug zu schätzen.
Manrique, der gerade ein Kunststudium in Madrid und eine aufregende Zeit in New York hinter sich hatte, kehrte im Jahr 1968 mit einem mutigen Plan in seine Heimat zurück: Er wollte die Insel zum "schönsten Ort der Welt" machen. Bislang galt Lanzarote nämlich als Hässlichste unter den Kanaren. Vulkanausbrüche hatten große Teile des fruchtbaren Ackerlands sowie mehrere Dörfer und Gehöfte unter sich begraben. Übrig blieb vielerorts eine karge Wüste aus Asche. Kein Einwohner hielt es damals für möglich, dass sich die Insel zu einem beliebten Reiseziel entwickeln würde.
Doch Manrique hatte eine Vision: Er beließ die Natur, wie sie war. Er versuchte nur, ihre Schönheit künstlerisch einzurahmen, um sie so hervorzuheben und den Menschen näher zu bringen. Um die landschaftliche und kulturelle Identität seiner Heimatinsel zu bewahren, setzte er sich zudem auch entschieden für Umweltthemen ein. Mit Erfolg: Im Jahr 1993 ernannte die UNESCO Lanzarote zum Biosphärenreservat. 40 Prozent der Insel stehen heute unter Naturschutz und dürfen nicht bebaut werden. Das hätte Manrique sicher gefreut – doch erleben konnte er es nicht mehr. Ein Jahr zuvor starb er bei einem Autounfall.
Der Mirador ist seit seiner Fertigstellung ein beliebtes Ausflugsziel unter Urlaubern. Die meisten kommen natürlich wegen der grandiosen Aussicht. Aus einer Höhe von 475 Metern über dem Meeresspiegel blickt man über hohe Felsklippen über die Meerenge Rio hinüber zu den Nachbarinseln des Chinijo-Archipels namens La Graciosa, Alegranza, Montana Clara und dem Felsen Roque del Este. Die Aussicht kann man auch von innen – windgeschützt – genießen, bei Kaffee, Kuchen und Snacks. Und sich fragen, wie man Lanzarote einmal als hässliche Insel bezeichnen konnte.
Anfahrt: Der Mirador del Río liegt im Norden von Lanzarote und ist über die LZ-201 erreichbar. Vor dem Aussichtspunkt befinden sich zwei große, kostenfreie Parkplätze.
Der Mirador del Río ist Aussichtpunkt und architektonisches Meisterwerk in einem. Rund 35 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Arrecife gelegen, zieht er vor allem Kunst- und Naturliebhaber an. Lanzarote ist die viertgrößte Kanareninsel, die Flugzeit ab Frankfurt beträgt rund fünf Stunden.