Mein Lieblingsort zu Hause befindet sich etwa 20 Meter über dem Gipfelkreuz des Wallbergs – beim Gleitschirmfliegen. Für mich ist das die totale Freiheit, obendrein an einem der schönsten Flecken Deutschlands. Meist gehe ich erst am späten Nachmittag los, wenn die letzten Wanderer längst im Tal sind und die Wallberg-Seilbahn Feierabend gemacht hat. Am Startplatz komme ich an, wenn die Sonne am Abend im Westen schon wie eine Krone knapp über dem Zugspitzmassiv leuchtet. Das Panorama vom Wallberg aus ist genial, im Süden glänzen die Gletscher der Zentralalpen, im Westen spitzen Karwendel und Wettersteingebirge in den Himmel, und nach Norden geht der Blick weit ins Alpenvorland hinaus. Zugleich ist der trapezförmige Klotz am Ende des Tegernsees einer der bekanntesten Flugberge Deutschlands.
Bei meinen Ausflügen am Abend bin ich manchmal ganz allein. Zu hören ist jetzt nur noch das Bimmeln der Kühe, die sich auf die Schnelle noch einen saftigen Abendsnack von den grünen Wiesen unterm Wallberggipfel zupfen. Und der Aufwind, der über die Baumwipfel streicht. Nach fünf Minuten ist der Schirm ausgebreitet, der Gurt eingeklinkt. Dann noch ein kritischer Check auf den Windsack, bis der Wind auch schön von vorn kommt. Es kann losgehen! Auch nach 14 Jahren, in denen ich fliege, freue ich mich jedes Mal aufs Neue auf diesen Moment, wenn der Schirm über mir aufsteigt, ich die Kraft der Luft spüre. Wenn es im Bauch kribbelt, als wäre man verliebt!
Die Bayerischen Alpen bieten überhaupt viele tolle Möglichkeiten zum Fliegen. Die Kampenwand oder die Hochries in der Nähe des Chiemsees, der Wallberg am Tegernsee, der Jochberg am Kochelsee oder der Tegelberg über Schloss Neuschwanstein haben dabei alle gemeinsam, dass sie wie riesige Mauern vor der Ebene des Alpenvorlands aufragen. Das macht nicht nur Thermikflüge möglich, für die es ja sonnige Tage braucht. Nordwinde drückt es an ihren Hängen ungestört in die Vertikale. Das so genannte Soaring auf diesen Aufwinden, das ist wie endloses, entspanntes Surfen auf der perfekten Welle.
Wenn der Wind weht am Wallberg, dann setzt allenfalls das Tageslicht das Limit. Immer wieder kann man die baumlose Gipfelpyramide aufsoaren bis zum Gipfelkreuz und weit darüber hinaus. In der Dämmerung leuchtet und funkelt München am Horizont wie ein Riesenraumschiff. Und auch nach der Landung gibt es rund um den Tegernsee im Sommer immer was zu tun. Eine Runde schwimmen gehen im glasklaren Wasser, beispielsweise an der Halbinsel Point mit ihrem Rundum-Strand.
Von ihrer nördlichen Seite aus hat man die Egerner Bucht und den Wallberg schön im Blick. Beliebt sind auch die Wald- und Seefeste am Tegernsee. Ein Ausgeh-Tipp: Vom neuen Biergarten auf Gut Kaltenbrunn bei Gmund kann man gleich den ganzen See überblicken und in Bad Wiessee gibt es seit neuestem sogar einen chilligen Beachclub. Ein Evergreen ist das Bräustüberl im ehemaligen Kloster.
Wer keinen Trubel braucht: Das Tegernsee-Ufer ist mehr als 20 Kilometer lang. Lauschige Plätze gibt’s genügend. Am schönsten genießt man den Sommer in Bayern eh irgendwo im Gras. Oder in der Luft!
Alle Flugschulen bieten Schnuppertage an, an denen man auf einem kleinen Übungshang selbst einmal abheben kann. Das ist beeindruckender und auch günstiger als ein Tandemflug! Schnuppertage werden ab 70 Euro angeboten.
Zum selbstständigen Fliegen an den großen Bergen braucht es eine etwa zweiwöchige Ausbildung und den so genannten A-Schein. Die Kosten liegen bei 1.500 Euro. Die komplette Ausrüstung mit Gleitschirm, Gurtzeug, Rettungsschirm und Helm kostet etwa 3.000 Euro. Auf der Website des Deutschen Hängegleiterverbands finden sich alle Infos zu Ausbildung, Flugschulen und News rund ums Gleitschirm- und Drachenfliegen. Auch am Tegernsee gibt es eine Flugschule: www.dhv.de
Der Tegernsee, rund 50 Kilometer südlich von München gelegen, zählt zu den saubersten Seen Bayerns. Der Wallberg am Ende des Tegernsees ist einer der bekanntesten Flugberge Deutschlands und hervorragender Ausgangspunkt für Gleitschirmflüge in den Bayrischen Alpen.