Den Rheinsteig gibt es seit mittlerweile über zehn Jahren, und er gehört längst zu den bekanntesten Wanderstrecken in Deutschland. Er beginnt im hessischen Wiesbaden und endet nach 320 Kilometern in der alten Hauptstadt Bonn – die schönsten Abschnitte aber liegen am Mittelrhein in Rheinland-Pfalz.
Wenn ich gefragt werde, welche Rheinsteig-Etappe ich denn empfehlen würde, fällt mir immer gleich eine ganz bestimmte ein – nämlich die von Kaub nach St. Goar. Dann sage ich aber auch immer gleich dazu, dass das die längste Etappe ist und möglicherweise auch die schwerste, und wenn ich dann komisch angeschaut werde, schiebe ich gleich hinterher: Aber das lohnt sich! Das ist wunderbar dort!
Schnell zum Hintergrund: Der Rheinsteig ist ein Wanderweg, der aus uralten Pfaden, Nutzwegen und Weinbergsquerungen zusammengesetzt wurde. Deswegen nimmt er auch nie die gerade Linie, sondern nähert sich seinen Etappenzielen gerne auf Umwegen. Wer hier unterwegs ist, wird pausenlos an der Nase herumgeführt, wandert in großen Schleifen weg vom längst verdienten Abendessen, mäandert um Felsen herum und steigt in tiefe Täler hinab, nur um zwanzig Meter später wieder aus ihnen hinaus zu kraxeln. Das ist nicht nur anstrengend – das ist vor allem wunderschön.
Dann fangen wir mal an, in Kaub, wo morgens meist schon ziemlich viel los ist, weil in der Jugendherberge „Rheinsteig“ ziemlich viele Wanderer übernachten – und morgens nach und nach Richtung Loreley aufbrechen. Dazu geht es dann erst einmal steil hinauf in die Weinberge. Der Fluss schimmert tief unten, ein platt gehämmertes Band aus Anthrazit, zerpflügt von Ausflugsdampfern und Lastkähnen.
Die Scherenschnitt-Silhouette auf der Insel mitten im Rhein ist Pfalzgrafenstein, eine Zollburg, die früher verhindern sollte, dass sich Schiffe ohne Abgaben an Kaub vorbei mogelten. Drüben, auf der anderen Rheinseite, wirkt der Wald im milchigen Licht der Sonne beinahe unwirklich. Und die Burg Stahleck über Bacharach sieht aus, als habe sie ein mittelalterlicher Maler mit sehr wässerigen Farben in den Hang skizziert und sei dann in eine Mittagspause verschwunden, die bis heute andauert.
Das Land ist übrigens ein komplett anderes, wenn man hier oben hoch über dem Fluss unterwegs ist. Wenn man unten auf der Straße entlang fährt, wirkt das Mittelrheintal ja wirklich wie ein Tal – von hier oben aber hat man einen Eindruck davon, wie der Fluss sich einmal in Jahrmillionen Fleißarbeit in das Land hinein gefressen und dadurch die eine Seite (also den Taunus) von der anderen (also dem Hunsrück) getrennt hat.
Und es wird noch schöner, wenn man sich dann der Loreley nähert. Hier zickt der Rhein ja ziemlich rum und legt sich in die Kurve, und der Rheinsteig führt immer wieder an Aussichtspunkten vorbei, die sich hoch über dem Wasser an den Fels zu krallen scheinen. An der Loreley selbst ist meist viel los, deswegen gehen wir lieber weiter über die Felder und hinunter nach St. Goarshausen und gleich hinein in eines der vielen Gasthäuser. Das macht eine Wanderung auf dem Rheinsteig übrigens auch zu einem besonderen Erlebnis: die Küche. Und natürlich der Wein, dessen Trauben aus den vielen Weinbergen stammen, durch die man tagsüber gewandert ist.
Die mit etwa 860 Einwohnern kleinste Stadt in Rheinland-Pfalz liegt am rechten Ufer des Rheins genau in der Mitte zwischen Mainz und Koblenz.
Die 2700-Einwohner-Stadt liegt im Mittelrheintal, am linken Ufer des Flusses. Die nächsten größeren Städte sind Koblenz, etwa 24 km nördlich und Bingen am Rhein, etwa 25 km südöstlich.