Die Anlage befindet sich in einem wunderschön angelegten Park mit Palmenbestand, umgeben von einer vier Meter hohen Mauer, die zusätzlich durch drei Reihen Stacheldraht gesichert wurde. Durch das Gittertor fällt der Blick ins Freie und auf die Ballermann-ähnliche Partymeile von Puerto del Carmen. Wer hier rein und wer raus guckt ist Ansichtssache. Fest steht jedenfalls, dass die Insassen, wie sich Urlauber im Barcarola eigentlich nennen müssten, bereits vor Beziehen der hübsch hässlichen Domizile mindestens drei Mal belehrt wurden, dass Türen und Fenster zu jeder Zeit geschlossen zu halten seien. Nicht wegen der ohnehin nicht vorhandenen Klimaanlage, sondern wegen erhöhter Überfallgefahr. Zur Beruhigung: Bis 7 Uhr morgens gibt es einen - so heisst es in den Sicherheitsbeschreibungen des Hotels - 'Wachbeamten', der das Gelände absichert. Herzlichen Glückwunsch. Die einzige Empfehlung: raus da. So schnell wie möglich und so lange es noch geht.
Vorweg: Angeblich sind Teile der Anlage bereits renoviert. Vor Block L kann jedoch nur gewarnt werden. Es sind die schönsten Wochen des Jahres. Sie stehen auf, öffnen die Vorhänge und sehen... nichts. Ihr Blick fällt auf die weiße, vier Meter hohe Mauer, die sich etwa zwei Meter vor Ihrem Zimmer befindet. Der Blick zum Himmel wird vom Stacheldraht zerteilt. Nach einer Nacht ohne Klimaanlage, geplagt von Stechmücken aller Klassen wünschen Sie sich nur eines: frische Luft. Ihre Hand greift zum Fenstergriff. Nichts bewegt sich. Eine Kette hält das Fenster geschlossen und Sie vom Durchatmen ab. Sie erinnern sich an die Sicherheitshinweise und verwerfen den Gedanken, Ihrer Lunge etwas Gutes tun zu wollen. Es ist ja auch noch niemand erstunken. Aber ein Frühstück wäre jetzt nett. Ihr Weg geht vorbei am Badezimmer, das morgens nur derjenige besuchen sollte, der genügend Antidepressiva im Reisegepäck hat. Eine lieblos aufgehängte Neonröhre über dem Spiegel lässt das ohnehin gequälte Gesicht schier scheintot wirken. Der eine oder andere Wasserschaden hat seine Spuren hinterlassen, aus dem völlig aufgedrehten Hahn tropft das kostbare Nass - Sparsamkeit mal anders. Sie treten durch die Terrassentür und schließen diese nach einem prüfenden Blick, der auf den Hebelspuren am Schloß endet. Nach einem anstrengenden Urlaubstag freuen Sie sich später auf Ihr Bett . Durch die mit Ketten versehenen Fenster dringt die dumpfe Musikmischung der benachbarten Vergnügungsmeile. Nichts kann Sie mehr abhalten von Ihrem wohl verdienten, lang ersehnten Schlaf. Nicht die defekte und einzige Lampe neben Ihrem Bett, deren Anschlußdrähte bei einem Kurzschluß verschmolzen sind, nicht die 36 Stechmücken, die um Ihren Kopf kreisen, nicht einmal die zu kurze Matratze mit dem löchrigen Laken. Höchstens Ihre Mitschläfer, die in und unter Ihrer Matratze zu neuem Leben erwacht sind: kleine, possierliche Käfer. Voller Verzweiflung schmieden Sie einen Plan, diesem unwirtlichen Schlafgemach zu entkommen. Ihr Blick fällt aus dem Fenster, gleitet über die vier Meter hohe Mauer. Es ist sternenklar. Mondlicht fällt auf den Stacheldraht. Es sind die schönsten Wochen des Jahres.
Wenn Tomaten nach Seife schmecken, Rote Beete bereits gärt, Möhren nicht mehr Möhren sind... jaa, genau: dann geniessen Sie einen Urlaub im Barcarola. Böse Zungen behaupten, dass die auf der gegenüber liegenden Straßenseite befindliche 'deutschsprachige Klinik' ihre Zelte mit Bedacht an eben jenem Ort aufgeschlagen hat... Wir jedenfalls haben die Alarmsignale aller verfügbaren Sinne zum Anlaß genommen, trotz bezahlter Halbpension das Weite - und damit ein anderes Restaurant - zu suchen. Wer dennoch im Hotel essen möchte: bitteschön. Aber dann sollten Sie sich vielleicht auf die drei angebotenen Plastikflaschen beschränken, die die Eis-Saucen beinhalten. Da steht wenigstens drauf, was drin ist.
Die 'Wärter' an der Rezeption waren nett, aber in Bezug auf die gravierenden Mängel doch eher als hilflos einzustufen. Das Servicepersonal im Restaurant hat sich offenbar recht schnell der Qualität von Speis' und Trank angepasst und müsste hier mit etwa minus vier Sonnen bewertet werden.
Im Reisekatalog könnte es klangvoll heissen: 'Nur durch die schmale Uferstraße vom grobkörnigen Strand getrennt. Unterhaltungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe.' Die Wahrheit: Die schmale Uferstraße ist dann doch eher eine Hauptstraße - die man aber nicht überqueren muss, weil der Strand ohnehin nur aus veralgten Felsbrocken besteht, durch die sich hier und da mehr oder weniger kunstvoll verlegt Abwasserrohre ihren Weg bahnen. Unterhaltungsmöglichkeiten gibt es in direkter Nachbarschaft - so nahe, dass man sich den Disco-Eintritt am Abend sparen kann, weil man die Musik in tanzbarer Lautstärke auch gerne im Bett geniessen kann. (Zumindest im Block L, andere Unterkünfte mussten wir zum Glück nicht noch kennen lernen.)
Beliebte Aktivitäten
- Strand
Ein Paradies für Kletterkünstler: Der Wasserstand des mäßig großen Pools lässt den Ein- und Ausstieg zum Klettererlebnis werden - geschätzte 50cm Luftweg zwischen der Wasseroberfläche und dem rettenden 'Festland' lassen den fehlenden Fitnessraum da schnell in Vergessenheit geraten. Und wer den Ausstieg aus dem Pool (Luftmatratzen und Wasserspiele sind verboten... ob es Selbstschußanlagen gibt, weiß ich nicht...) dann tatsächlich schafft, der hat sich ein ausgiebiges Abendessen mehr als verdient.
Infos zur Reise | |
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Verreist als: | Freunde |
Dauer: | 1 Woche im Mai 2005 |
Reisegrund: | Strand |
Infos zum Bewerter | |
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Vorname: | Frank |
Alter: | 26-30 |
Bewertungen: | 1 |