Immerhin 93 Prozent aller Japaner sollen das deutsche Original kennen, für sie ist unsere Romantische Straße eines der gefragtesten Reiseziele der Welt. Kein Wunder, dass sie so eine schöne Route nicht bloß so unpraktisch weit weg erleben möchten. Japan ist abseits der Metropolen definitiv schön genug dafür und romantische Kulturgarnierung ist ebenfalls reichlich vorhanden, also Schlösser, Burgen, Tempel, Altstädte. Mit Hilfe der Verantwortlichen der deutschen Romantischen Straße haben sie das japanische Gegenstück zusammengestellt, ein Lizenzprodukt sozusagen. Selbst Straßen besitzen heutzutage Copyright.
Rund 350 Kilometer lang ist diese Straße, sie führt von Ueda (beim Olympiaort Nagano) bis Utsunomiya (nördlich von Tokio) über dramatische Berge, besucht rauchende Vulkane, kreuzt malerische Orte mit heißen Quellen, trifft auf manches Deutsche und sieht sehr viele Tempel und Schreine. Wenn du das Ur-Japan kennenlernen willst, bist du hier genau richtig.
Die 450 Jahre alte Samurai-Burg von Ueda, heute in einem Park mit einem Shinto-Schrein gelegen, ist der Startpunkt der Reise. Die Romantische Straße führt zunächst durchs Tal des Shinano-Flusses auf der Nationalstraße 18 mit allerhand Verkehr bis Karuizawa. Das ist auf 1000 Metern Höhe ein beliebter Ferien- und Wochenendort für reiche Tokioter, denn die Hauptstadt liegt nur 170 Kilometer entfernt. Im Zug sind das eineinhalb Stunden. In Anbetracht der Finanzkraft und Kulturbeflissenheit der Bewohner besitzt der Ort adäquate, na sagen wir: erstaunliche Museen, dazu eine durchaus romantische Altstadt.
Karuizawas Wälder, Parks und Museen verlässt man nun nach Norden. Die Romantische Straße, übrigens immer wieder mit den entsprechenden Schildern versehen, auch auf Deutsch, schraubt sich die Flanken des Asama hinauf, des aktivsten Vulkans Honshus. Zuletzt war er 2019 ausgebrochen. Es ist eine parkähnliche Landschaft mit wunderbaren Aussichten auf den Vulkan. An einigen Stellen kannst du Wanderungen machen und Schreine besuchen.
Nach dem Asama kommt gleich der nächste Vulkan: Shirane mit einem See in seinem runden Maul. Auch hier zischt und dampft es, während du tolle Blicke auf die Japan-Alpen hast. Der Vulkan versorgt den Badeort Kusatsu mit heißem Wasser. Hier wirkten die deutschen Ärzte Erwin Bälz (er wurde persönlicher Arzt des Tenno) und Julius Scriba, die die westliche Medizin in Japan einführten. In Kusatsu erklärten sie den Japanern den Zusammenhang zwischen heißen Bädern und Gesundheit.
Nun fährst du auf wenig befahrenen Straßen durch schöne, gepflegte japanische Kulturlandschaft über weitere Berge bis Katashina und vorbei am Lockheart Castle, einem original schottischen Schloss, das per Transsib nach Japan geschafft wurde. Es gehört zur Kategorie „Kitsch-as-Kitsch-can“, gedacht, um darin romantische Hochzeiten zu feiern und dazu im Rolls-Royce Silver Spirit, der angeblich Lady Di gehört haben soll, herumkutschiert zu werden.
Viel echter ist hingegen die Landschaft im Nikko-Nationalpark mit dem friedlichen Chuzenji-See, an dem einige Sommerresidenzen westlicher Botschaften stehen. Spektakelhöhepunkt sind aber die Kegon-Fälle am Ausfluss des Sees und danach die Stilfser-Joch-artige Piste vom Gebirge hinunter nach Nikko.
Nikko (Sonnenschein-Stadt) ist Weltkulturerbestadt mit zahlreichen Tempeln, Schreinen, Mausoleen, Parks, japanischen Gärten und alten Geschäften. Man könnte es das Kyoto des Nordens nennen. Anschließend bleibt dir nur noch, das Ziel zu erreichen: Utsunomiya mit einer schönen, restaurierten Burg und seinen berühmten Teigtaschen (Gyozi), für die es alljährlich im Oktober eigens ein Fest gibt. Ansonsten ist Utsunomiya eine florierende Industriestadt mit einer Fabrik des Kameraherstellers Canon und dem Honda Designcenter.
Startort der Romantischen Straße Japans ist Ueda. Die 154.000-Einwohner-Stadt liegt im Osten der Präfektur Nagano im Zentrum der japanischen Hauptinsel Honshū.
Diese rund 520.000 Einwohner große Stadt bildet den Schlusspunkt der Romantischen Straße Japans. Sie liegt etwa 100 km nördlich von Tokio.