Mehr Fahrradwege als auf Kos gibt's auf keiner anderen griechischen Insel. Aber sie verlaufen alle im Flachland, folgen familienfreundlich der Küste. Wir wollen heute höher hinauf: in die Bergdörfer am Hang des bis zu 846 Meter hohen Inselgebirges Dikeos. Was mieten? Cabrio, Jeep, Vespa, Quad? Auf Kos gibt's ja alles. Wir entscheiden uns fürs Mountainbike. Die Badesachen kommen trotzdem mit, denn auf Kos ist man ja nie weit vom nächsten Strand entfernt.
Wir starten in der Inselhauptstadt. Schon nach wenigen Minuten sind wir am Dorfplatz von Platani. Die Cafés und Tavernen hier tragen alle türkische Namen: Serif Karawesir, Ali und Hassan. Auf Kos leben seit über 500 Jahren Türken, erklärt uns ein Wirt. Heute sind es noch etwa 2000 – Moslems mit griechischem Pass und bestens integriert. Fast alle sind jetzt in Platani zu Hause und kochen in ihren Tavernen auch türkisch. Auch die Griechen fahren da gern einmal zum Essen hin und bestellen Adana Kebab, wenn sie es etwas schärfer mögen.
Durch eine lange Zypressenallee geht es weiter leicht bergan zum Asklipieion, einer der bedeutendsten archäologischen Stätten der griechischen Inselwelt. Auf Kos hat nämlich vor rund 2400 Jahren Hippokrates gelebt, der berühmteste Arzt aller Zeiten. Seinen Eid legen Ärzte in aller Welt noch heute ab. Und seine Nachfolger gründeten hier ein großes Heil- und Kurzentrum, eben das Asklipio. Auf drei Terrassen stehen, eingerahmt von einem kleinen Wäldchen, die ansehnlichen Überreste von Thermen und Tempeln. Über 800 Jahre lang kamen Menschen von weit her, um hier gesund zu werden. Dabei half ihnen sicherlich auch der phantastische Blick aufs Meer und die gegenüberliegende türkische Küste mit ihren bizarren Gebirgen.
Jetzt aber Schluss mit Kultur. Die nun schattenlose Straße wird steiler, bis sie nach gut zwei Kilometern die kurze Abzweigung nach Agios Dimitrios erreicht. Von den einst 35 Häusern des Weilers sind die meisten Ruinen. Nur die Kirche und das gegenüberliegende Kafenio Haihoutes (pandemiebedingt vorübergehend geschlossen) wirken gepflegt. Wir rasten, lauschen den Zikaden in den Bäumen und der sanften griechischen Musik zu einem Freddo Espresso.
Durch einen Wald radeln wir weiter nach Zia. Da bringen Ausflugsbusse abends viele Touristen zum Sonnenuntergang hin, ein Souvenirshop steht neben dem anderen. Sehr viel stiller und ursprünglicher ist da unser nächstes Ziel, Lagoudi. Der Dorfpriester, der früher einmal in Wilhelmshaven an der Nordseeküste gearbeitet hat, erklärt uns auf Deutsch die vielen Wandmalereien in seiner Kirche.
Vom Gotteshaus ins Paradies ist es hier nicht weit: Gleich unter der Kirche träumt nämlich "I Orea Ellada" vor sich hin. "Das schöne Griechenland" hat die malende Flämin Christina ihr altes Gutshaus genannt, in dem sie ab mittags Gäste empfängt. Auf der kleinen Terrasse ihres Cafés sitzen wir zwischen ihren Gemälden, ihr Hündchen hat sich unter unseren Tisch gelegt. Christina serviert, was sie morgens auf dem Markt eingekauft hat. Wir schauen über viel Grün hinunter auf die Badeorte an der Nordküste und weit hinaus auf die Ägäis. Das Aufstehen fällt schwer, aber ab jetzt geht es ja nur noch bergab. Erst über einen schmalen Feldweg, dann auf kleinen Sträßlein hinab nach Tigaki. Nach einem Stündchen am Strand sind wir wieder fit für die letzten 30 Minuten zurück in die Stadt.
Die griechische Insel Kos liegt in der östlichen Ägäis an der kleinasiatischen Küste. Sie ist nach Rhodos und Karpathos das drittgrößte Eiland des Dodekanes-Archipels, hat rund 34.000 Einwohner und ist mit einer Fläche von 290 Quadratkilometern etwa dreimal so groß wie Sylt. Der Airport wird ganzjährig von Athen aus angeflogen, im Sommer auch per Charter oder Billigflieger aus Nordeuropa.