Vieles auf Madeira, vor allem aber Funchal wirkt very british: Etliche der schönsten Herrenhäuser, Quintas, Residencials oder Vilas genannt, stammen aus der Zeit, als britischer Adel und britisches Geld die feine Lebensart auf der Insel prägten. Im 17. Jahrhundert ließen sich die ersten englischen Händler hier nieder, um Wein zu exportieren (Portugiesen war der Weinexport damals nicht erlaubt). In den Napoleonischen Kriegen von 1801 bis 1814 wurde Madeira erneut von England besetzt. Daher gibt es heute ein britisches Erbe in Sachen Architektur. Die meisten Anwesen sind längst zu stilvollen und individuellen Hotels mutiert. Zu fast allen Quintas gehören Gärten von üppiger Vielfalt, andere wirken wie verwunschen und sind mit lauschigen Nischen gesegnet.
Künstler und andere kreative Köpfe ziehen sich gern in diese noblen Häuser zurück, um sich ungestört zu erholen oder ein Werk zu Ende zu bringen. So schrieb einst der 2015 verstorbene Ex-Kanzler Helmut Schmidt in einer Quinta auf einem Hügel hoch über Funchal ein Buch zu Ende. Zur Abwechslung soll er jeden Morgen einen Spaziergang durch den Garten gemacht und dabei stets ein paar Minuten bei der Haus-Schildkröte Colombo verweilt und die Entschleunigung geübt haben.
Zu den Höhepunkten der feinen englischen Art gehört der Five O'Clock Tea, der jeden Nachmittag auf der Terrasse des altehrwürdigen Reid's Palace zelebriert wird. Das Hotel gehört heute zur renommierten Belmond-Gruppe, die in aller Welt feine und traditionsreiche Häuser, Eisenbahnzüge und Flussdampfer im Portfolio hat. Zum Afternoon Tea von 15 bis 17 Uhr haben auch Nicht-Hotelgäste Zutritt, vorausgesetzt, sie haben sich rechtzeitig angemeldet. Dann steht dem Genuss, zu dem Sandwiches sowie süßes und herzhaftes Fingerfood, eine Auswahl von 24 Teesorten und der Blick auf den Atlantik gehören, nichts entgegen.
Im Vertrag von Lissabon erhielt Portugal 1668 seine Unabhängigkeit zurück, musste aber zahlreiche Zugeständnisse an England machen. Englische Händler ließen sich auf Madeira nieder, um Wein zu exportieren. Noch heute sind Relikte der Engländer auf der ganzen Insel zu finden.