Marrakesch, die „Perle des Südens“, faszinierte mich vier Tage lang mit ihrer Fülle an unterschiedlichsten Reizen. Begeistert vom bunten Treiben, findet man eine Ecke weiter die absolute Ruhe. Bedrückende Armut und horrender Reichtum treffen unmittelbar aufeinander. Traditionelle Religion wohnt mit der moderneren Generation unter einem Dach. Außergewöhnliche Gerüche umspielen die Nase, bisweilen reißt auch übler Gestank aus schönstem Urlaubsglück. Die Einheimischen schmeicheln mit Komplimenten, um im nächsten Augenblick genauso über uns zu schimpfen. Sollte man sich davon abschrecken lassen? Im Gegenteil! Eintauchen in die kontrastreiche Kultur, das ist die Devise.
Das Ziel besteht heute nur darin, in unsere Unterkunft zu gelangen. Da wir Marrakesch authentisch erleben möchten, haben wir ein Riad in der historischen Medina (Altstadt) gebucht. Riads sind traditionelle marokkanische Häuser mit einem Innenhof, die sich inmitten der engen und belebten Gassen der Medina verstecken. Der Weg zu unserem Riad soll ein wenig tricky sein, daher haben wir einen Transfer vom Flughafen gebucht.
Der bringt uns zielstrebig hinter die Stadtmauern und direkt hinein in das wilde Treiben der Medina. Um zu unserem Riad zu gelangen, müssen wir überladenen Eselskarren, rasenden Mopeds und klapprigen Fahrrädern ausweichen. Nach etlichen Kreuzungen und Gabelungen lassen wir die verwinkelten, teils dunklen Gassen hinter uns und stehen schließlich vor unserem Domizil.
Sobald wir die schwere Tür geöffnet haben, verstehen wir die Magie, von der allerorts geschwärmt wird. Ein mit hellen Fliesen verzierter Innenhof tut sich auf, der nach oben hin offen ist. Große Pflanzen schmücken den Bereich um den Brunnen, daneben locken gemütliche Sitzecken. Ob im Innenhof oder auf der Dachterrasse: Hier vergessen wir die pulsierende Hektik der Gassen und genießen erstmal die wohltuende Ruhe.
Der Tag startet mit lauten Gebetsrufen aus der benachbarten Moschee und einem Frühstück, wobei natürlich der frisch gepresste Orangensaft und eine Kanne süßer Minztee nicht fehlen dürfen. Dazu gibt es fluffige Brötchen, frisches Fladenbrot, Joghurt, verschiedene Marmeladen und einen Obstteller.
Gestärkt starten wir unsere Sightseeing-Tour im Fotografiemuseum, der Maison de la Photographie und tauchen so in die Vergangenheit Marokkos ein. Die Sammlung mit über 8000 beeindruckenden Originalfotos aus der Zeit von 1870 bis 1950 führt durch den gesellschaftlichen, kulturellen und technischen Wandel des Landes.
Weiter geht es zur über 400 Jahre alten Koranschule Medersa Ben Youssef. Sie gilt mit ihren Schnitzereien, Mosaiken und kunstvollen Verzierungen als Juwel der Medina. Aufgrund der wunderschönen Architektur und des großen Innenhofs tummeln sich hier viele Touristen, so dass man selten auf einem Foto alleine ist.
Wir verlassen die Medina durch eines der neun Tore gen Neustadt, wo sich der weltbekannte Jardin Majorelle befindet. Der botanische Garten, der dem verstorbenen Modedesigner Yves Saint Laurent gehörte, entpuppt sich zwar als Touristenmagnet, ist aber auch gleichzeitig eine Ruheoase. Die Sammlung von über 300 verschiedenen Pflanzenarten lädt zu einem schattigen Spaziergang ein. Zwischen exotischen Kakteen, subtropischen Pflanzen und all dem anderen Grün leuchtet kontrastreich das markante Blau des Haupthauses mit seinen gelben Fenstern.
Der Hunger treibt uns nach all dem Sightseeing zurück ins Herz der Medina. Was wäre da besser geeignet als ein Stopp auf dem großen Marktplatz Djemaa el Fna? Hier sieht man neben Obst-, Gemüse-, Gewürz- und Pflanzenständen zahlreiche Affenhalter, Zahnzieher, Hennamalerinnen, Schlangenbeschwörer und Wahrsager. Zudem verwandelt sich der Platz abends zu einer Art Freiluftrestaurant und bietet bis spät in die Nacht allerlei Köstlichkeiten der marokkanischen Küche, z.B. Boubouche (Schnecken in Brühe), Bratspieße, Couscous-Salate, Tajiines, Suppen, gegrilltes Gemüse, Fisch, süßes Gebäck und vieles mehr. Wer es etwas ruhiger mag, sucht sich ein Restaurant mit Dachterrasse und genießt die Aussicht auf das bunte Treiben dort unten.
Heute geht es in die weltberühmten Souks – natürlich zum Handeln, Feilschen und Kaufen. Man sollte gewarnt sein, in diesen Basarstraßen ist Reizüberflutung garantiert. Bei der großen Auswahl an orientalischen Gewürzen, handgefertigten Lederwaren, goldenen Lampen, farbenfrohen Kissen, Teppichen und handbemaltem Geschirr lohnt es sich, immer tiefer in die Gassen hinein zu schlendern (gerne auch verlaufen). Sollte man während der Schnäppchen-Jägerei doch mal verloren gehen, hilft einem die Beschilderung zum Marktplatz jederzeit ins Freie.
Für den Hunger zwischendurch ist am Rande der Souks auch gesorgt. Es gibt etliche Marktstände mit großer Auswahl an frischem Obst und Gemüse, eingelegten Oliven und getrockneten Früchten. Auch frisch gebackenes Fladenbrot, gegrillte Hühnerspieße, M’semmen (eine Art Pfannkuchen, der ausgebraten wird) und Chebakia (ein sehr süßes Honiggebäck) werden angeboten.
Abends verlassen wir den Trubel und bewegen uns Richtung Neustadt, um das „moderne“ Marrakesch zu erleben. Hier findet man neben vielen europäischen Modeläden auch erstaunlich freizügig gekleidete Einheimische. Auf der Plaza Gueliz – Platz des 16. November lassen wir den Abend ausklingen und die Kontraste zur Altstadt auf uns wirken.
Heute steht die zweite Sightseeing-Tour an. Erster Programmpunkt ist der im südlichen Teil der Medina liegende Bahia-Palast, der sich über eine Fläche von 8000 m2 erstreckt. Er ist für seine graziösen Stuckarbeiten, aufwändig geschnitzte Deckenarchitektur, farbenfrohe Fliesen und seinen idyllischen Garten bekannt und nennt sich nicht umsonst die „Perle Marrakeschs“.
Als nächstes suchen wir die maurischen Saadier-Gräber auf. Sie zählen zu den sehenswertesten Baudenkmälern der Stadt. Im Gegensatz zum Bahia-Palast ist die Fläche überschaubar und ein schmaler Gang führt zu den Mausoleen, in denen die sieben Herrscher der Saadier-Dynastie und ihre Familienangehörigen liegen. Wir sind beeindruckt von dem prunkvollen Stuck-, Mosaik- und Zedernholzschmuck.
Zum Abschluss des Tages bestaunen wir noch die Koutoubia-Moschee, allerdings nur von außen. Die größte Moschee Marrakeschs, die auch als architektonisches Wahrzeichen der Stadt gilt, darf nur von Muslimen betreten werden.
Am vierten und letzten Tag haben wir genug vom Großstadttrubel und möchten ans Meer. Mit dem Bus geht es drei Stunden durch karges Land, bis wir vor der Stadtmauer von Essaouira stehen. Was uns sofort positiv auffällt, als wir das erste Mal das Innere der Stadt betreten: Es herrscht hier eine große Gelassenheit. Die Händler sind nicht so aufdringlich wie in Marrakesch, zurückhaltender, aber keineswegs faul.
Des Weiteren sind wir von den Farben fasziniert. Die kleinen Gassen erstrahlen in bunten Tönen und aufwändigen Verzierungen. Generell scheint es, als ob Essaouira mehr von Kunst geprägt ist – die Teppiche, Keramikwaren, Gemälde, ja selbst die Gewänder der einheimischen Männer scheinen farbenfroher als in Marrakesch.
Hinter den Stadtmauern befindet sich der Hafen mit vielen hölzernen Fischerbooten. Hier ist das Geschrei der Möwen, aber auch der Fischer groß, die ihren Fang direkt am Kai verkaufen. Das lautstarke Spektakel ist auf jeden Fall ein Erlebnis.
Offline Map
Die kleinen Gassen in der Medina von Marrakesch sind verwirrend und laden quasi zum Verlaufen ein. Karten helfen hier leider nur bedingt etwas, da die meisten Straßen keinen Namen haben. Daher ladet euch am besten kostenlos eine Offline Map herunter. Somit habt ihr auch die Möglichkeit, eure wichtigsten Destinationen zu speichern und jederzeit ohne WLAN abzurufen. Es kommt nämlich nicht selten vor, dass euch ein Einheimischer den Weg weisen möchte und dann ein Trinkgeld dafür verlangt.
Angemessene Kleidung
Schon aus Respekt vor der Kultur sollte man in Marrakesch auf seine Kleidung achten. Auch wenn es in bestimmten Monaten unerträglich heißt ist, gilt doch die Devise: Nicht zu viel nackte Haut zeigen.
Taxi fahren
Wer doch etwas fußmüde wird und sich für eine Erlebnisfahrt mit dem Taxi entscheidet, sollte sich nicht übers Ohr hauen lassen. Der Preis wird vor dem Einsteigen festgelegt. Taxi fahren an sich ist für die Einheimischen sehr billig, nur bei Touristen scheinen die Preise schlagartig um das drei- bis fünffache zu steigen.
Unser Video zeigt noch einmal Impressionen aus der vielfältigen Stadt:
Marrakesch ist Hauptstadt der gleichnamigen Präfektur im Südwesten Marokkos und hat etwa 930.000 Einwohner. Sie wird auch als „Rote Stadt“, „Ockerstadt“ oder „Perle des Südens“ bezeichnet. Zahlreiche Ausländer haben hier einen zweiten Wohnsitz bezogen.