- Preis-Leistungs-VerhältnisEher gut
"We are Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen" (Ritz-Carlton-Philosophie) Ja, ja, die Ladies und Gentlemen. Zugegeben, da mussten wir immer ein bisschen grinsen. Corporate Identity und so, schön und gut, aber dieser tausendmal gehörte Spruch, verewigt in unzähligen Management-Ratgebern, erschien uns inzwischen eher wie ein Marketing-Gag denn als innovatives Dienstleistungskonzept. Und dann besuchten wir zu den Filmfestspielen das Berliner Ritz-Carlton und staunten nicht schlecht, denn überall begegneten uns die Mitarbeiter zweimal - in natura und in Form einer Fotokampagne unter dem Titel "We are", auf der sie als Botschafter ihrer Abteilungen posieren, die Küchencrew ebenso wie Kellner, Kosmetikerinnen oder der Schuhputzer. Sie finden sich auf Aufstellern im Bad oder auf der Karte vom Room-Service und dem Schokoladen-Betthupferl, begleiten den Gast auf seinen Weg durchs Hotel und machen aufmerksam auf Persönlichkeiten, Lebenswege und Karrieren. Ist natürlich auch PR, aber trotzdem: Der Mensch im Vordergrund, und zwar nicht nur der Gast, sondern auch das Personal. Fanden wir ziemlich sympathisch. Aber jetzt zum Hotel. Natürlich ist das Ritz-Carlton ein sehr gutes Hotel, trägt seine 5 Sterne superior völlig zu Recht und gehört sicherlich zu den besten - na, sagen wir mal: fünf - Häusern der Stadt. Wir haben uns während unseres Aufenthalts durchweg wohl gefühlt, wobei uns besonders die schwelgerische Einrichtung ansprach - "ritzy", wie der Amerikaner sagt, und die sich wohltuend abhebt von der nach außen so strengen Wolkenkratzer-Fassade. Wenn es denn aber doch mal nicht ganz rund lief, schieben wir dies einfach auf die äußeren Umstände, für die nicht allein das Hotel verantwortlich zu machen ist. Denn nicht nur in Berlin herrschte aufgrund der Filmfestspiele Ausnahmezustand, augenscheinlich auch im Hotel, wo gerne auch halb Hollywood abzusteigen pflegt oder zumindest auf einen der vielen Empfänge und Pressekonferenzen vorbeischaut - angeblich haben wir Robert Stadlober in der Bar gesehen (und nicht erkannt), während das Ehepaar Jolie/Pitt samt Kindern dieses Jahr im Adlon wohnte. Dass ist natürlich alles ganz spannend und aufregend, aber zumindest uns erging es so, dass man sich zwischen all den Damen und Herren von Film und Fernsehen, die hemdsärmelig, laut polternd und sich mit ihren Namensschildchen selbst unglaublich wichtig nehmend das ganze Haus in Beschlag nahmen, als regulärer Gast fast ein wenig erdrückt fühlte.
Der feudale und stilvolle Edel-Look der öffentlichen Bereiche spiegelt sich auch in unserem Zimmer wider (Nr. 948): Kostbares, speziell für das Hotel angefertigtes Mobiliar, schwere Teppiche, feinste Stoffe; alles sehr gediegen und akkurat, aber doch nicht zu überladen oder kitschig. Nichts für Puristen und Design-Fans, sondern so, wie man es von einem Ritz-Carlton erwartet. Und auch das Housekeeping hat gute Arbeit geleistet, nur unter der gläsernen Schreibtischauflage sammelt sich eine Menge Staub an. Vermisst haben wir, wie so oft, irgendeine Art der Begrüßung; Anschreiben der Direktion, Blumen oder Obstkorb - leider Fehlanzeige, lediglich zwei Flaschen Wasser stehen bereit. Fehlen tat dagegen auch die Hoteldirectory; gewünschte Informationen muss man sich mühsam über den Hotelkanal im Fernseher zusammensuchen, wo man außerdem viel zu schnell auf dem Erotiksender landet - auch ungewollt. Sehr erfreulich immerhin, dass wir das Zimmer trotz Berlinale-Rummels bereits zwei Stunden vor der offiziellen Zeit beziehen konnten. Der Ausblick durch die hohen Fenster fällt wenig spektakulär auf den gegenüberliegenden Hotelflügel, mit ein wenig Kopfverdrehen sieht man noch ein Stück vom Tiergarten. Bei gekipptem Fenster ist der Berliner Verkehr sehr präsent, bei geschlossenem wiederum erscheint der Lärm hausgemacht: Durch die Verbindungstür zum Nachbarzimmer sind andere Gäste (und deren Kinder!) besonders am Nachmittag gut vernehmbar, auf dem Gang hört man Staubsauger und Türenschlagen. Dank des schon erwähnten Gastes aus München mussten ja nun auch wir in Einzelbetten schlafen. Diese stehen ohne Überdecken wie Krankenhausbetten auf Rädern, während das hölzerne Kopfteil wie in amerikanischen Motels einfach an die Wand genagelt wurde. Und ein Nachttisch zwischen zwei Betten mit nur einer Nachttischleuchte und fehlenden Lesespots ist dann auch nicht ideal. Die technische Ausstattung entspricht dem gehobenen Standard des Hauses und ist mit Flachbildfernseher und DVD-Player, drei Telefonen, Laptop-Anschluss (kostenpflichtig) und Docking-Station für MP3-Player mehr als ausreichend, die Beleuchtung des gesamten Zimmers kann über die Generalschalter an der Tür zum Flur und in der Nachttischschublade ein- und ausgeschaltet werden. Die Funktionsweise der Klimaanlage allerdings erschien uns so kompliziert, dass wir das Rumprobieren irgendwann aufgegeben haben und lieber das Fenster öffneten, und das Radio muss über den Fernseher gehört werden, was im Badezimmer wegen fehlender Lautsprecher nicht möglich ist. Gerade im eleganten und großzügigen Marmorbad haben wir uns dann aber besonders wohl gefühlt. Berühmt-berüchtigt ist das Hotel ja für seinen "Bade-Butler" - nun, das hätten wir vielleicht tatsächlich mal ausprobieren müssen, wobei es in der schmalen Badewanne zu zweit doch ein wenig eng wird. Immerhin aber besteht genug Platz für Doppelwaschbecken mit Spiegelschränken und viel Ablagefläche, separater Dusche und abgetrennter Toilette. Kurios und in einem 5 Sterne-Hotel schon lange nicht mehr gesehen: Offene Abfalleimer, die besonders im sensiblen Badbereich schnell unhygienisch wirken. Die Guest supplies mit dem Löwenkopf-Emblem sind von guter Qualität und ausreichender Menge, nur die Gesichtsseife wollten wir nicht benutzen - die Verpackung allein ist so dramatisch schön, dass wir das gute Stück lieber als Souvenir mit nach Hause nahmen.
Als der im Ritz-Carlton-Imperium schnell aufgestiegene Robert Petrovic 2009 als vierter Direktor (in fünf Jahren!) die Leitung des Berliner Hauses übernahm, wurde nicht lange gefackelt, gleich eine seiner ersten Amtshandlungen bestand darin, dass defizitäre Gourmet-Restaurant Vitrium zu schließen, unter Hendrik Otto immerhin mit einem Michelin-Stern gekrönt, im Gault Millau mit 17 Punkten ausgezeichnet. Dieses, so der neue General Manager, passe heute nicht mehr zu einem Luxushotel - wie es allerdings passen kann zeigen in Berlin das Lorenz Adlon Wohnzimmer, das First Floor im Palace und Fischers Fritz im Regent. So bleibt dem Gast als Restaurant nur mehr die schöne, aus dem Burgund in Einzelteilen eingeflogene und liebevoll restaurierte Brasserie Desbrosse aus dem 19. Jahrhundert; mit ihrem französischen Flair für sich schon eine Attraktion, die jeder Berliner und Berlin-Besucher mal gesehen haben sollte. Allerdings: Festlich tafeln kann man hier nicht, dies ist ein Platz für Champagner-Frühstück und Business-Lunch. Problematisch zudem, dass die meisten Gäste eben nicht gern dort zu Mittag oder Abend speisen, wo sie bereits ihr Frühstück eingenommen haben, und auch wir verzichteten aufs All Day Dining und bestellten uns unser Essen aufs Zimmer. Bleiben lediglich zwei weitere gastronomische Outlets: die Tea Lounge und der Curtain Club. Die im dezent asiatischen Stil gehaltene Lounge, bekannt für ihren traditionellen Afternoon-Tea, befindet sich am Ende der Lobby, wenig einladend gelegen zwischen Freitreppe und den Toiletten, wobei die niedrige Decke noch zusätzlich aufs Gemüt drückt ... und war doch zumindest während unseren Aufenthalts nachmittags immer bis auf den letzten Platz besetzt. Berlinale halt. Und The Curtain Club - der Name ist Programm. Schwere Brokatvorhänge trennen die schöne Bar im englischen Clubstil und gemütlichem Kamin von der Eingangshalle. Neben der größten Sekt- und Champagner-Auswahl der Stadt können hier auch kleine Speisen eingenommen werden, darunter Berliner Klassiker wie Currywurst oder Buletten mit Kartoffelsalat, die immerhin für ein gewisses Lokalkolorit sorgen. Sonst erst ab 18 Uhr durch einen Zeremonienmeister feierlich eröffnet, steht die Bar während der Filmfestspiele auch schon vormittags zur Verfügung. Erwähnt wurde bereits das besonders freundliche und aufmerksame Personal, das bei unseren Besuchen ausschließlich aus männlichen Mitarbeitern bestand und in Knickerbocker und Kniestrümpfen auftreten muss. Zusammen mit der nebenan liegenden Lounge und den in asiatisches Gewand gekleideten Damen vom Service ergibt sich daraus eine schöne Reminiszenz ans längst vergangen geglaubte British Empire ... Abends dann lässt Live-Musik gute Stimmung aufkommen, und auch die Getränkepreise sind für ein Grandhotel noch halbwegs moderat und animieren zum Konsum. Raffiniert: Die in edler silberner Etagère gereichten Knabbereien (ohne Löffel) sind so scharf und durstfördernd, dass man es kaum bei einem Glas belassen wird.
Das ausgeprägte Servicebewusstsein war und ist schon immer das Aushängeschild der Ritz-Carlton-Philosophie gewesen. Berühmt vor allem jenes Handbuch mit Verhaltensregeln, das angeblich jedem Mitarbeiter zusammen mit seinem Arbeitsvertrag ausgehändigt wird, und das Anweisungen enthält wie "Unterbrich sofort Deine Arbeit, wenn sich ein Gast nähert" oder natürlich der bekannte Escort-Service: "Weise einem Gast nie den Weg, sondern begleite ihn bis an sein Ziel". Zuerst einmal: Fast alle Mitarbeiter waren hilfsbereit, lächelten und grüßten freundlich - wie man es ja auch erwarten kann. Besonders die Kellner im Curtain Club zeichneten sich durch ihr sympathisches Auftreten aus, aber auch auf dem Zimmer klappte alles tadellos: Weckruf und Reminder pünktlich, der Room-Service immer ausgesprochen flink zur Stelle, die Schuhe über Nacht auf Hochglanz poliert (und sogar die Absätze nachkoloriert). Soweit also alles bestens. Dabei waren es dann aber gerade der so wichtige erste und der nicht minder wichtige letzte Eindruck, die besser hätten verlaufen können. Bei der Anreise mussten wir die schweren Koffer selbst ausladen, bis der Doorman herbeigeeilt kam, sich höflich entschuldigte und unser Gepäck abnahm. An der Rezeption war meine Reservierung zwar vorhanden, offenkundig aber irgendwie mit der eines anderen Gastes durcheinander geraten, was man deutlich an der Adresse erkennen konnte. Nun war ich also ein Herr aus München, der gerne zwei Einzelbetten haben wollte. Hm. Immerhin, unsere im Vorfeld geäußerten Wünsche nach einem Nichtraucherzimmer, gerne in einem höheren Stockwerk, konnten auch berücksichtigt werden. Nachdem dies geklärt war und man uns fragte, ob wir das Haus schon kennen (Nein!), wurden wir mit einer lockeren Handbewegung in Richtung Fahrstuhl geschickt und uns selbst überlassen. Soviel zum Escort-Service. Nicht verschwiegen werden soll allerdings, dass die Damen an der Rezeption nur zu zweit waren, während sich an der gegenüberliegenden Concierge-Loge gleich fünf Mitarbeiter tummelten (und sich abklatschten. Schichtwechsel?). Dass ich mir dann auf der Suche nach unserem Zimmer noch fast ein blaues Auge geholt hätte, weil auf dem engen Flur die Beine eines Bettgestells weit in den Gang hineinragten - nun ja, geschenkt. Auch der zuvor problemlos gewährte Late-Check-Out verlief zwar freundlich, aber nicht ganz professionell. Beim Erstellen der Rechnung wollte man mir tatsächlich alle einzelnen Positionen vorlesen und bestätigt bekommen - sicherlich sehr interessant für die gerade anreisenden Gäste um uns herum: Ja, zweimal Club-Sandwich auf dem Zimmer, zwei Cappuccino in der Lobby, und aus der Minibar hatten wir ... Sagen wir mal: Ankunft und Abreise gerieten holprig und sind auf jeden Fall noch verbesserungsfähig, die Zeit dazwischen entsprach dann aber doch dem Anspruch, den man an ein Ritz-Carlton stellen darf.
Der Bereich um den Potsdamer Platz bietet den idealen Standort für all jene, die einen Kompromiss suchen zwischen historischer Innenstadt Ost (Unter den Linden) und dem Neuen Westen (Kurfürstendamm), zwischen dem Trubel am Sony Center und den PP-Arkaden, der kulturellen Vielfalt der Museen, Konzerthäuser und Kinos, und dem nur einen kurzen Spaziergang entfernten beschaulichen Tiergarten oder dem Regierungsviertel. Wie in den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist der Potsdamer Platz auch heute wieder einer der meist befahrenen Verkehrsknotenpunkte Europas, was optimalen Zugang zum Nah- und Fernverkehr (ab Sommer schnelle Verbindung zum neuen Flughafen) gewährt, und auch zum Hauptbahnhof dauert es jetzt mit dem Taxi durch den Tiergartentunnel nur noch fünf Minuten. Taxen stehen übrigens immer in großer Anzahl vor dem Haupteingang bereit, brettern nachts aber auch gern mal mit halsbrecherischem Tempo durch die schmale Straße vor dem Hotel oder blockieren selbige durch riskante Wendemanöver gleich ganz. Wenn man mit dem Auto anreist, wird man ums Valet Parking kaum herumkommen.
Beliebte Aktivitäten
- Kultur & Erlebnis
- Ausgehen & Nightlife
Die Spa- und Wellnessabteilung steht unter dem Motto "Klein, aber fein", ist optisch ausgesprochen attraktiv gestaltet und hygienisch tadellos. Dazu erst einmal: Schön, wenn in einem Stadthotel mit vielen Geschäftsreisenden überhaupt ein Wellnessbereich mit Swimmingpool angeboten wird. Noch schöner allerdings, dass wir während unserer Besuche zu unterschiedlichsten Zeiten fast immer die einzigen Gäste blieben. Die Anlage ist nämlich alles andere als großzügig angelegt und für ein Haus mit 300 Zimmern definitiv zu klein ausgefallen. Das Schwimmbecken zum Beispiel: Zwei Leute können nebeneinander darin schwimmen, drei sich immerhin noch lustig im Kreise drehen, mit vier wird es ungemütlich. Gleiches gilt für den kleinen, gepflegten Saunabereich mit Sauna, Sanarium und (endlich einmal wirklich eiskaltem!) Tauchbecken. A propos die einzigen Gäste: Auch an Aufsichtspersonal mangelt es, der Empfangstresen ist verwaist, das Bestellen von Getränken oder Snacks nicht möglich. Gestört wird diese fast private Atmosphäre nur durch die breite Glasfront zum Fitness-Center, das wiederum erstaunlich gut besucht ist. Da wundert man sich: Wer macht sein Workout und springt danach NICHT noch schnell in den Pool? Der gesamte Spa-Bereich, auch die Duschen und Umkleidekabinen, zeigt sich proper bis pompös, viel Gold, Marmorvasen, Buntglas und Mosaiksteinchen, Trompe-l'oeil-Malerei und Sternenhimmel, alles fast ein wenig zu viel des Guten. Wenigstens, dass können wir uns zum Schluss nicht verkneifen: Kürzlich besuchten wir in Abu Dhabi das Kempinski Emirates Palace, überdimensionierte Spielwiese arabischer Sheiks, und ... ja, so ähnlich stellen wir uns dort in den Suiten einen Privatpool vor.
Infos zur Reise | |
---|---|
Verreist als: | Paar |
Kinder: | Keine Kinder |
Dauer: | 1-3 Tage im Februar 2012 |
Reisegrund: | Stadt |
Infos zum Bewerter | |
---|---|
Vorname: | Matthias |
Alter: | 41-45 |
Bewertungen: | 25 |