- Preis-Leistungs-VerhältnisEher gut
Im Rahmen eines Kurzurlaubs auf Usedom gönnten wir uns zum Abschluss eine Nacht im Hotel Ahlbecker Hof, dem Flaggschiff der Seetel-Gruppe und selbsternannten ersten Haus am Platze. Um es gleich vorwegzunehmen: Wir verbrachten hier schöne Stunden, alle Erwartungen konnten aber nicht erfüllt werden; der sympathische Charme des Unvollkommenen konnte nicht über einige ärgerliche Schwächen hinwegtäuschen. Das Familienunternehmen der Seetel-Gruppe unter Geschäftsführer Rolf Seelige-Steinhoff, gerade zum „Unternehmer des Jahres“ gewählt, gilt mit 15 Häusern an der Ostsee und rund 450 Angestellten als größter Arbeitgeber der Region. Stammhaus der Familie ist das Hotel Ahlbecker Hof, der mit den beiden angrenzenden Gebäuden Villa Anna und Villa Mamma Mia sowie der neuen Residenz Ahlbecker Hof (Appartements, alle Angebote des Hotels können mitbenutzt werden) seit Sommer 2010 vom erfahrenen Helmuth M. geleitet wird – immerhin der fünfte (oder sechste?) Direktor in den letzten zehn Jahren. In den Business-Hotels großer Ketten mag es ja üblich sein, das Führungspersonal regelmäßig auszuwechseln, in einem reinen Ferienhotel mit hohem Anteil von Stammgästen, die ja auch Wert auf persönliche Ansprache und Betreuung legen, ist dies doch eher ungewöhnlich. Auffällig ebenfalls der sehr hohe Anteil von Auszubildenden, wie wir ihn bisher in keinem anderen Hotel gesehen haben – auf 50 festangestellte Mitarbeiter kommen 20 Lehrlinge. Das ist natürlich erst einmal uneingeschränkt lobenswert, doch sollte zumindest an vorderster Front, etwa an der Rezeption, auch jeweils immer ein erfahrener Mitarbeiter zur Stelle sein. Ach ja: Nichts für ungut, aber die Homepage des Hotels ist die wohl langweiligste und uninspirierendste, die uns seit langer Zeit untergekommen ist.
Wir hatten uns ganz bewusst gegen eines der bekanntlich sehr kleinen Doppelzimmer zur Seeseite entschieden – Anfang November lohnt sich der happige Aufpreis nicht, und Zimmer mit gerade 18 qm für zwei Personen sind dann doch arg klein. Erfreulicherweise wird vom Hotel immerhin ganz offen darauf aufmerksam gemacht. Unser Zimmer mit einer Größe von rund 25 qm in der Villa Mamma Mia („Noch einmal ein ganzes Stück älter als das Hauptgebäude“, so der freundliche Wagenmeister) lag zu einem engen, notdürftig mit Gras bepflanzten Innenhof, umgeben von unverputzten Wänden und Verbindungsgängen zu den Nachbargebäuden, die nicht gerade Urlaubsstimmung aufkommen ließen. Fairerweise muss jedoch gesagt werden, dass wir bei der Buchung ausdrücklich um eine ruhige Lage gebeten hatten ... nun ja. Das Zimmer selbst gibt sich klassisch-elegant mit einem Hang zu plüschiger Gemütlichkeit – so würde man zu Hause selbst nie wohnen wollen, in einem nostalgischen Hotel wie dem Ahlbecker Hof erwartet man es geradezu: dunkle Hölzer, Kronleuchter, flauschige Teppiche, Seidentapeten und schwere Vorhänge bilden ein harmonisches Ensemble. Eine komfortable Sitzecke mit Sofa und zwei Sesseln ist ebenso vorhanden wie ein ausreichend großer Kleiderschrank, in dem allerdings negativ die hakeligen, an der Stange befestigten Bügel auffallen; so etwas passt eher zu einem Low-Budget-Hotel als zu 5 Sternen. Die recht großzügige Raumaufteilung geht dann allerdings zu Lasten des winzigen Badezimmers, Nasszelle ist fast noch beschönigend ausgedrückt, etwas beleibtere Gäste werden schon beim Einstieg in die Duschkabine ihre Schwierigkeiten haben. Für Badewanne oder gar ein Bidet war kein Platz – ist in historischen Hotels auch nicht zwingend notwendig und häufig gar nicht möglich –, das Fehlen an Ablagemöglichkeiten erweist sich aber schnell als störend. Als Guest supplies stehen in großzügiger Menge Produkte der Pflegelinie Pure Herbs von ADA zur Verfügung, Bademäntel- und schlappen liegen bereit. Die zahlreichen goldenen Armaturen in der Dusche sind in der Handhabung nicht gerade übersichtlich, aber stilvoll und schön anzusehen, auch wenn sie bereits leichte Kalkspuren aufweisen. Ansonsten hatten Housekeeping und Turndown-Service gute Arbeit geleistet.
Kulinarische Aushängeschild des Ahlbecker Hofs ist sicherlich das Restaurant Kaiserblick unter Hark Pezely, der allenthalben als bester Koch der Insel gilt. Als zwanglose Alternative bietet sich die Brasserie an, während das neue thailändische Spezialitätenrestaurant Suan Thai eine gewisse Ratlosigkeit auslöst – so etwas würde man an der deutschen Ostseeküste nun nicht unbedingt erwarten. Folgerichtig herrschte in den schön exotisch ausgestatteten Räumlichkeiten bei jedem kurzen Hereingucken gähnende Leere. Das Frühstück wird im Hauptrestaurant mit Blick auf die Terrasse und Promenade eingenommen, und allein die festliche Atmosphäre mit prächtigen Kristalllüstern, edlen Hölzern, Stuckdecke und Kerzen auf jedem Tisch versetzt einen in Feierlaune. Die ausschließlich weiblichen Servicekräfte sind freundlich und kompetent, das Büffet klein aber fein, die „Welt“ liegt aus – was will man mehr am frühen Morgen? Einzig schade, dass es keine frisch gepressten Säfte gab; der Sekt immerhin entschädigte etwas. Dieses wirklich erstklassige Frühstück, im Zimmerpreis enthalten, wird auf der Rechnung noch einmal als Einzelposten aufgeführt: gerade 15 Euro pro Person – zu diesem Preis sind wir selten besser in den Tag gestartet! Die kleine Bar liegt strategisch günstig gleich hinter der Rezeption, wirkt aber doch nur wie ein Appendix des Restaurants und lässt jeglichen Charme vermissen. Die Getränkekarte ist mehr als übersichtlich – gängige Cocktails wie werden nicht aufgeführt, auf Nachfrage dann aber doch zubereitet –, die Preise sind human, Nüsse oder Knabbereien werden nicht angeboten. Von 18 bis 19 Uhr ist Happy Hour-Zeit, worauf uns die Barkeeperin beim Eintreffen drei Minuten vor 19 Uhr schnell noch aufmerksam machte; merkwürdigerweise galt dieses Angebot dann aber nur für Longdrinks.
Für den sehr schwankenden Service-Standard des Hotels möchten wir uns besonders auf die Rezeption während der An- und Abreise beziehen. Schon beim Eintreten in die kleine Halle kam uns der freundliche Wagenmeister (der hier gleichsam als Page agiert) entgegen, schüttelte uns zur Begrüßung die Hand – eine sehr sympathische Geste! –, nahm das Gepäck und führte uns nach dem Check-in auf das Zimmer, wo er uns noch die wichtigsten Funktionen wie Klimaanlage, Safe und Minibar erklärte. Dieser gute Geist, immer präsent, immer bester Laune und bereits von vielen anderen Gästen auf diesem Portal ausdrücklich gelobt, verkörpert einen Service-Gedanken, wie man ihn nicht mehr allzu häufig findet. Leider lief nicht immer alles so glatt. Schon beim Einchecken wurde versäumt, uns auf dem samstäglichen Umtrunk im Kaminzimmer mit der Direktion hinzuweisen (ein zweifelhaftes Vergnügen, hat man doch ausgerechnet den schönsten Raum des Hauses als Raucherbereich auserkoren!), und das in der Reservierung versprochenes Willkommensgetränk wurde schlicht vergessen, aber immerhin spätabends an der Bar nachgeholt. Höhepunkt dann die Abreise, als wir an der häufig unter- oder gar nicht besetzten Rezeption folgendes erlebten: ein älterer Herr in der Schlange vor uns, Hausgast, fragte nach einer Apotheke, die am Sonntag Notdienst habe. Daraufhin allgemeine Hilflosigkeit, das Internet wurde bemüht – nichts; die Kollegen im Restaurant gefragt – nichts; alte Zeitungen durchsucht – immer noch nichts, wobei die Schlange der Wartenden hinter uns nun auch schon arg angewachsen war; erst nach langen Minuten eilte eine zweite Kraft zur Hilfe. Der Herr indes wurde schließlich ganz einfach zur nächsten Apotheke geschickt, weil dort ja ein aktueller Plan aushängen müsse ... für ein 5-Sterne-Haus blamabel; ein solch peinlicher Zwischenfall vermag das ganze Hotel zu diskreditieren.
Ahlbeck ist sowohl das größte als auch das populärste und lebhafteste der drei Kaiserbäder. Der Ahlbecker Hof reiht sich nahtlos ein in die Prunkmeile klassizistischer Bäderarchitektur, die die Strandpromenade entlang über Heringsdorf bis nach Bansin führt und neben dem Badebetrieb eine der Hauptattraktionen der Insel darstellt. Und den idealen Standort hat das Hotel sowieso: direkt an der historischen Seebrücke mit der berühmten dreieckigen Jugendstil-Uhr, nur durch die Promenade vom breiten Sandstrand getrennt, Kurpark und mondäne Einkaufsstraßen sind schnell zu Fuß erreichbar; ohne große Mühe fanden wir sogar einen kostenlosen Parkplatz in einer Nebenstraße, keine zwei Minuten vom Hotel entfernt. Zu dieser Jahreszeit genossen wir die Ruhe – nach acht Uhr abends waren die Straßen wie ausgestorben! –, im Hochsommer jedoch verkommt die belebte Promenade zur ballermannartigen Partymeile und dröhnende Bässe beschallen die schöne Fassade und können das Urlaubsvergnügen stark einschränken. Da muss jeder selber wissen, was er will.
Beliebte Aktivitäten
- Sonstiges
Größtes Manko des sich im Untergeschoß befindenden, erst kürzlich erweiterten Spa-Bereichs mit großem Pool und umfangreicher Wellnesslandschaft ist das völlige Fehlen von Tageslicht, was aber architektonisch nicht anders machbar war. Trotz erster Abnutzungserscheinungen (z. B. abplatzende Farbe am Wandgemälde) zeigt sich die gesamte Anlage hygienisch einwandfrei, wobei die Umkleiden und Toiletten doch arg nüchtern ausfallen – ganz im Gegensatz zum neuen, im asiatischen Stil gehaltenen Ruheraum. Schön, bei größerem Andrang allerdings auch so begehrt, dass sich Warteschlangen bilden: die beiden Whirlpoolwannen mit verschiedenen Duftnoten, während im Wellnessbereich die einzige Sauna mit fünf Gästen schon überbelegt ist. Neben all den Dampfbädern, Duftgrotten und anderem schönen Schnickschnack wäre eine zweite oder zumindest eine größere Sauna sicherlich für die meisten Besucher viel sinnvoller. Ein Tauchbecken existiert nicht; der Freiluftbereich führt in einen engen, niedrigen Hinterhof mit zwei verschmutzten Liegen und Plastikbechern voller Zigarettenstummel, die über mehrere Tage nicht entfernt wurden. Grundsätzlich herrscht abends, wenn auch die Bewohner der benachbarten Residenz den Bereich nutzen, starker Andrang mit entsprechendem Geräuschpegel; mit etwas Glück kann man aber den ganzen Vormittag in trauter Zweisamkeit verbringen. Nicht weiter erwähnenswert ist der winzige Fitnessraum mit genau drei Kardiogeräten – während unseres Aufenthalts wurde der Raum nicht von einem einzigen Gast genutzt.
Infos zur Reise | |
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Verreist als: | Paar |
Dauer: | 1-3 Tage im November 2010 |
Reisegrund: | Sonstige |
Infos zum Bewerter | |
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Vorname: | Matthias |
Alter: | 41-45 |
Bewertungen: | 25 |
Sehr geehrter Matthias, vielen Dank für die Bevorzugung unseres Hauses bei Ihrem letzten Aufenthalt auf der Insel Usedom und Ihre ausführliche Bewertung. Einige Punkte, die angesprochen werden, sind baulich bedingt und in kurzer Zeit nicht zu ändern, wie z.B. Vergrößerungen der Nasszellen oder eine Veränderung im Saunenbereich. Bei dem Umbau des Wellnessbereiches vor zwei Jahren wurde ein noch nicht unterkellerter Teil des Gebäudes zum Spa-Bereich hinzugefügt, jedoch konnte in 8 Wochen Schließung des gesamten Hotels der bereits vorhandene Wellnessbereich baulich nicht verändert, sondern nur restauriert werden. Die genannte Anzahl der Auszubildenden kann ich nicht nachvollziehen, da das Hotelfach seit mehreren Jahren aufgrund des demografischen Wandels ein Defizit an Ausbildungsanwärtern aufweist. Zur Zeit lernt ein Auszubildender Koch unter unserem Küchenchef Hark Pezely und drei junge Leute haben die Ausbildung zur/m Hotelfachfrau/mann vor zwei Jahren angefangen, wobei durch gute Leistungen Lehrzeitverkürzungen gewährt werden. Zwei weitere Auszubildende befinden sich in der Ausbildung zur Kosmetikerin. Das Lob für unseren Wagenmeister geben wir gerne weiter. Natürlich wäre ein kleiner Hinweis auf den Gästeempfang am Abend nett gewesen, jedoch laden wir generell jeden Gast schriftlich ein. Die Einladungsschreiben sind persönlich von der Direktion unterzeichnet und liegen, nett drappiert auf dem Zimmer. Gerade an den Wochenenden verstärken wir das Personal an der Rezeption, um lange Wartezeiten für die Gäste zu vermeiden. Nicht nachvollziehbar ist für uns, dass die Rezeption nicht besetzt war und keine Auskunft der Notapotheke gegeben werden konnte, da unser Nachtdienst, für jeden Mitarbeiter klar ersichtlich sämtliche wichtigen Daten, wie Brückenöffnungszeiten, medizinischer Notdienst, Notdienst der Apotheken etc. hinterlegt. Unsere drei Restaurants werden unterschiedlich stark frequentiert, um dem Gast vor Ort eine große kulinarische Auswahl zu bieten. So differenzieren auch die Öffnungszeiten, so öffnet das Gourmetrestaurant Kaiserblick erst um 18:00 Uhr, unsere Brasserie um 12:00 Uhr und unser thailändisches Wintergartenrestaurant um 17:00 Uhr. Vielleicht entstand der Eindruck der Leere kurz nach der Öffnungszeit im Suan Thai, zumal ein Drittel des Restaurants als Lounge für Gäste eingerichtet wurde, die nur einen Cocktail genießen und das Ambiente auf sich wirken lassen möchten. Gerade am Wochenende raten wir unseren Gästen im thailändischen Restaurant einen Tisch zu reservieren, da es gut besucht ist. Sehr geehrter Matthias, gerne nehmen wir einige Punkte in Iher Bewertung auf und versuchen diese zu verbessern, bzw. zu verändern, damit bei Ihrem nächsten Besuch eher das "Kaisergefühl" aufkommt. Auf Wiedersehen sagt Das Team des Romantik Seehotel Ahlbecker Hof´s Ihre Birgit Hanusch Direktionsassistentin