- Preis-Leistungs-VerhältnisEher gut
Über viele Jahrzehnte galt der unter Direktor Karl N. individuell geführte Nassauer Hof als bestes Hotel im gesamten Rhein-Main-Gebiet, Mitbegründer der Selektion Deutscher Luxushotels und als erstes deutsches Haus überhaupt mit fünf Sterne superior bewertet. Seit N. Abgang 2014 allerdings schien der Wiesbadener Platzhirsch langsam ins Schlingern zu geraten: die negativen Berichte häufen sich, und fast jährliche Direktorenwechsel in kürzester Zeit tun keinem Hause gut. Hinzu kommt, dass das ehemalige Stinnes-Gebäude zwischenzeitlich von der Kölner Honestis AG übernommen wurde, die zugleich als Miteigentümer der Dorint-Hotels fungiert und den Nassauer Hof nun in ihre neue Luxusmarke „Hommage“ zu überführen trachtet. Eines der ältesten und bekanntesten Grandhotels Europas jetzt ein Kettenhotel mit Tagungszentrum? Seit Jahren sind in diesem Zusammenhang Umbau-, Sanierungs- und Erweiterungspläne oder Aufteilung in Hotelbetrieb und separate Luxuswohnungen im Gespräch, die bisher allesamt an den Vorgaben des Denkmalschutzes zu scheitern drohten. Was eine Übernahme durch eine Kette wie Dorint mit ihren Business-Häusern im 4-Sterne-Bereich bedeutet, kann man schön am Bremer Parkhotel verfolgen – einstmals ebenfalls stolzes Mitglied der Selektion Deutscher Luxushotels, inzwischen ausgeschlossen. Und auch die Hessische Staatskanzlei und der Oberbürgermeister haben sich eingeschaltet: der Landeshauptstadt müsse ein klassisches Luxushotel unbedingt erhalten bleiben, sonst würde man Staatsgäste halt im benachbarten Frankfurt unterbringen. Diese kurze Einführung scheint nötig, um unsere doch vorweg bereits etwas kritischen Erwartungen zu beleuchten – und unsere Erleichterung, als wir schließlich zum Fazit kommen: Alles (noch) nicht so schlimm. Tatsächlich wirkt das auf eine über zwei Jahrhunderte zurück blickende Hotel an einigen Stellen angestaubt und ruft nach einer Renovierung, dies dann aber mit gebotener Zurückhaltung; was aus mancher Sicht vielleicht „alt“ wirken mag, ist erlaubte Patina – der Nassauer Hof ist eben die „Große alte Dame“ der Stadt, mit gewissen Gebrechen zwar, aber auch viel Charisma und angenehm altmodisch. Schön, daß man nicht jede Modetorheit mitmacht und seinem Stil treu bleibt. Und für alle, denen der Sinn eher nach einem modernen Business-Hotel steht, gibt es mit dem Dorint Pallas nicht weit entfernt eine adäquate Ausweichmöglichkeit zum halben Preis. Mag zu hoffen sein, dass sich nicht, wie so oft, die Buchhalter aus der Dorint-Zentrale durchsetzen, sondern man dem schönen alten Haus zu einer Zukunft verhilft, die seiner Tradition und historischen Bedeutung angemessen ist. Auch wenn man sich dies einiges wird kosten lassen müssen.
Bereits im Vorfeld hatten wir schriftlich um ein Doppelzimmer mit getrennten Betten gebeten, was uns auch zugesagt wurde. Ungewöhnlich: Unser Zimmer mit zwei Einzelbetten verfügt jetzt über keine Nachttische mehr, sondern der Schreibtisch wird von beiden Seiten als Abstellfläche genutzt. Dass dies keine temporäre Lösung ist und man nicht, wie manchmal zu erleben, für eine Nacht einfach die Betten auseinander geschoben hat, beweisen etwa die fest installierten Leselampen, Lichtschalter und Steckdosen. Zum Arbeiten ist der kleine Schreibtisch allerdings kaum geeignet, und der Kabelsalat darunter dem Zimmer keine Zier. Zimmer 317 mit einer Größe von etwa 30 qm hat eine ehrwürdig gediegene Ausstrahlung, die den Gast vom ersten Augenblick für sich einnimmt und dem Geschäftsmann genauso gefallen dürfte wie uns Urlaubern. Ein Wohlfühlzimmer im besten Sinne, was aber nicht so manche Schludrigkeit des Housekeepings entschuldigen kann, etwa das staubige Telefon-Display oder das total verschmutzte Weinglas aus der Minibar (s. Foto). Wir stellen das Glas demonstrativ auf den Schreibtisch, wo es auch nach dem Turndown-Service immer noch steht – und nach unserer Abreise im gleichen Zustand vielleicht wieder in die Minibar zurück wanderte. Ansonsten ist das Zimmer vielleicht etwas in die Jahre gekommen, aber in einem sehr gepflegten Zustand. Wir werden zur Ankunft vom Pagen aufs Zimmer begleitet, wo uns erwartet: Nichts. Kein Obstkorb, kein Schreiben der Direktion, nicht einmal der seelenlose Gruß vom Fernsehbildschirm, nur zwei Flaschen Wasser, bei denen wir uns selbst zusammenreimen müssen, ob sie später nicht vielleicht doch auf der Rechnung aufgeführt werden. Dies erscheint schon etwas schwach in einem Haus, das sich sonst so betont gastfreundlich gibt. Immerhin erfolgt eine kurze Einweisung – etwa Funktion der Klimaanlage und des Safes –, bevor wir uns uns selbst überlassen werden. Aus den weit zu öffnenden, schalldichten Fenstern fällt der Blick auf das gegenüberliegende Kaiser-Friedrich-Denkmal und das Staatstheater, mit ganz viel Verrenkung kann man auch das Kurhaus sehen. Trotz des starken Verkehrs auf der Wilhelmstrasse ist es bei geschlossenem Fenster sehr ruhig; auch vom Flur oder den Nachbarzimmern dringt kein Laut herein. Auf der Brüstung direkt vor unserem Fenster befindet sich ein Strahler, der nachts die Fassade beleuchtet, aber durch die gut verdunkelnden Vorhänge fällt kein Licht ins Zimmer. Selten haben wir in einem Stadthotel so guten und erholsamen Schlaf bekommen, woran auch die bequmen, mit feinen Laken bezogenen Matratzen ihren Anteil haben. Zusätzliche Kissen und Nackenrollen können kostenlos beim Housekeeping bestellt werden. Nur ein Betthupferl gibt es nicht. Eine klassische Hoteldirectory von A–Z auf Papier existiert nicht mehr; man ist auch hier inzwischen zu den gerade so beliebten SuitePads übergegangen. Dies spart dem Hotel so einiges an Zeit und Arbeit, wenn etwa Änderungen in Sekundenschnelle eingegeben werden können; für den Benutzer bedeutet es hingegen ein oft zeitraubendes Rumgescrolle. Immerhin können hier natürlich umfangreiche Informationen auf kleinem Raum widergegeben werden, und zumindest die Vorstellung der wichtigsten Mitarbeiter mit Fotos ist eine feine Idee. Der TV-Apparat im Schrank ist für dieses Zimmer deutlich zu klein, kann aber immerhin so geschwenkt werden, dass auch vom Bett aus ferngesehen werden kann. Angenehmer ist es, sich die beiden Sessel gleich ganz davor zu rücken. Insgesamt werden 71 Sender gelistet, darunter allein 18 arabische, die aber nicht alle zu empfangen sind. Radiosender sind hingegen nur vier eingespeist, wovon zwei nicht funktionieren. Die Fernbedienung ist leider auch nicht einwandfrei sauber. Eine Fernsehzeitschrift liegt nicht aus (wobei – vielleicht auf dem Tablet? Haben wir jetzt nicht überprüft). Die Anmeldung ins WLAN erfolgt einfach über Namen und Zimmernummer und funktioniert im ganzen Haus einwandfrei – nur nicht im Wellnessbereich. Die große Schrankwand im Flur bietet Platz für einen mehrwöchigen Aufenthalt, verfügt aber über keine Schubladen, sondern lediglich ausziehbare Regalböden. Holzkleiderbügel sind in ausreichender Anzahl vorhanden, außerdem finden wir noch Schuhputzzeug, Regenschirm, Wäschesack und Schuhlöffel, aber keine Kleiderbürste. Ganzkörperspiegel gibt es erfreulicherweise gleich mehrere (Innenseite Schranktür, Außenseite Badezimmertür), können beim Öffnen auf dem engen Flur aber leicht zu Zusammenstößen führen. Die integrierte Kofferablage reicht für einen Koffer oder zwei Trolleys; unser zweiter Koffer wurde vom Hausdiener auf einem extra Kofferbock aufgestellt. Der elektronische Safe hat Laptop-Größe, ist einfach zu bedienen und befindet sich in angenehmer Höhe. Auf den Knien rutschen muss man hingegen bei Nutzung der Minibar; neben Bier, Cola, Säften und Weißwein finden wir hier auch einen edlen Champagner von Alfred Gratien (0,375 l für 85 Euro). Ein Wasserkocher nebst Tee und Kaffee existiert nicht, Eiswürfel müssen beim Roomservice bestellt werden. Aus Sicherheitsgründen nicht optimal: In der Tür zum Etagenflur gibt es weder Guckloch noch Sicherheitskette, und beim Verlassen des Zimmers muss von außen noch einmal aktiv abgeschlossen werden (eine Plakette weist darauf hin). Beim Check-in erhalten wir nur einen Schlüssel, später wird auf Nachfrage auch ein zweiter herausgegeben. Gegenüber dem old-fashioned Zimmer fällt das fensterlose Bad stark ab und wirkt geradezu unscheinbar. Wohl kürzlich frisch renoviert, lassen weiß geflieste Wände nicht gerade Gedanken an Luxus aufkommen. Es fehlt an persönlichen und lebendigen Details, eine einzige Blume schon wäre ein netter Farbtupfer. Das Einzelwaschbecken ist schön anzusehen und bietet an seinen weit ausladenden Seiten viel Ablageplatz. Die Badewanne hingegen verfügt nur über eine Duschvorrichtung mit Trennscheibe, es gibt kein Bidet (Platz wäre vorhanden), die Toilette ist nicht abgetrennt. Der Einstieg in die Wanne ist sogar für uns schon nicht ganz einfach, für ältere Herrschaften sicherlich noch beschwerlicher. Die Grohe-Armaturen wirken schlicht, die Wassertemperatur der Dusche lässt sich nur schlecht justieren; zudem ist die Handbrause nur umständlich zu bedienen und muss immer wieder abgedreht werden, da sie sich nur senkrecht einhängen lässt. Lautsprecher und Telefon sind vorhanden. Das WC ist so dicht an den Heizkörper gebaut, dass man fürs Klopapier gefühlt einen halben Meter in die Höhe greifen muss. Als Guest supplies stehen die bekannt guten Produkte von ADA bereit, in hübschen Tuben mit Nassauer Hof-Logo. Die in ausreichender Anzahl vorhandenen Hand- und Badetücher sind von bester Qualität; Bademäntel und Schlappen liegen im Schrank bereit. Ausgeleuchtet ist der Raum gut, aber einen Infrarotstrahler im Bad haben wir schon ewig nicht mehr gesehen. Interessant. Der Schminkspiegel ist praktischerweise mit einer Schnur zum An- und Ausstellen versehen, nicht mit einem Knopf, an dem man sich immer die Finger verbrennt. Die Ventilation ist nur ein laues Lüftchen und vermag die Spiegel nicht vor dem Beschlagen zu beschützen; beim Baden steht das Wasser feucht an der Wand. Der Wasserdruck ist gut, beim Ablauf aus der Wanne aber entsteht ein so lautes Gegurgel, dass man es mit der Angst bekommt. Und was im Bad bekanntlich gar nicht geht: ein offener Abfalleimer.
In einem Haus, das sich mit dem Spitzenrestaurant Ente so sehr der klassischen Gourmandise verschrieben hat (seit 40 Jahren durchgehend ein Michelin-Stern), sollte auch in allen anderen Bereichen mit einer erstklassigen Küche zu rechnen sein. Der Haute Cuisine gegenüber wenig aufgeschlossen und vom Typ her eher Imbiss- und Pizzaesser, verzichteten wir lieber auf einem Besuch im besten Restaurant der Stadt und begaben uns stattdessen zum Abendessen in das zweite bekannte Outlet des Hotels, die Orangerie. Diese, als Rondell mit hohen Fensterbögen und Sonnenterrasse prominent der wilhelminischen Fassade vorgelagert, ist vielleicht der schönste Raum im gesamten Hotel und wird ganztägig für Frühstück, Lunch und Dinner eingesetzt. An diesem Freitagabend ist es relativ ruhig, neben unserem sind gerade einmal zwei weitere Tische besetzt. Uns ist nach einer „leckeren Kleinigkeit“ zumute, und obwohl nicht auf der Orangerie-Karte aufgeführt fällt unsere Wahl auf die Klassiker: der 200-Gramm-Burger vom argentischen Rind mit Pommes und für die Dame Spaghetti Bolognese. Kein Problem, so die aufmerksame Kellnerin, die wir schon aus dem Bareiss kennen. Die Spaghetti geraten tadellos, der Burger ist bereits etwas kalt – vermutlich hat man ihn zu lange am Pass warten lassen, um beide Gerichte gleichzeitig einsetzten zu können. Unglücklich auch die Preisgestaltung bei den Getränken: Die bestellte Johannisbeersaftschorle wurde nicht im Glas bereits fertig an den Tisch gebracht, sondern je eine Flasche Saft und Mineralwasser getrennt (einmal 5, einmal 4 Euro) – bei einer Spezi kriegt man ja auch nicht eine Cola und eine Limo zum Selbermixen in die Hand gedrückt. Der Nassauer Hof verfügt über die letzte klassische Raucherbar der Stadt – klassisch ist gut, Rauchen weniger. Da die gegenüberliegende Lobby aber bereits um 20 Uhr völlig verwaist darliegt (und auch hier bereits ein leichter Nikotingeruch zu bemerken ist), wagen wir es also doch einmal, durchaus gewahr, dass wir unsere Kleidung danach wohl gleich in Wäschesäcken im Kofferraum verstauen müssen (was wir dann auch getan haben). Und es wird heftigst geraucht, sogar Pfeife, der Abzug kommt nicht gegenan; auch einige Gäste aus dem Restaurant schauen zwischen den einzelnen Gängen für ein Zigarettenpäuschen kurz herein. Davon einmal abgesehen, nimmt diese Bar den Gast von der ersten Minute für sich ein: Mitarbeiter, Ambiente, Beleuchtung und Mobiliar sind perfekt aufeinander abgestimmt, das Feuer im Kamin knistert vor sich hin, der Service ist ausgesprochen aufmerksam, sympathisch und flink. Die Barkarte wird umgehend vorgelegt, das Sortiment ist mehr als stattlich; neben einer guten Auswahl an Gin, Rum und über sechzig verschiedenen Whisk(e)ys finden wir unter den Cocktails auch den seltenen Pontresina (Gin, Campari, Martini Bianco, Soda), der hier wie alle anderen bestellten Drinks angenehm alkohollastig ausfällt und einem für gerade einmal 14 Euro fast wie ein Geschenk vorkommt (man denke an die 9 Euro für eine Saftschorle). Die Nüsse werden ohne Löffel bereit gestellt, dafür in einer Art Fläschchen; man soll sie sich anscheinend in die hohle Hand schütten. Nachmittags spielte ein Pianist klassisch zur Tea Time in der Lobby, jetzt sitzt ein anderer Herr am Keyboard und sorgt mit bekannten Gassenhauern und schwacher Stimme für Unterhaltung. An der Bar zeigen sich die Gäste durstig und gesprächsoffen; man kennt sich. Die Atmosphäre ist fröhlich bis laut, viele Stammgäste werden vom Personal mit Handschlag begrüßt (und teilweise umarmt). Chefbarkeeper Patrick W., mit jungen Jahren in Wiesbaden schon eine feste Größe, geht von Tisch zu Tisch und erkundigt sich nach dem Befinden. Von uns auf den dicken Qualm angesprochen, meint er lachend, dafür bekäme er ja schließlich eine Gefahrenzulage – hahaha, nein, nur ein Scherz! Wirklich? Trotz des Geruchs müssen wir zugeben, dass wir einen rundum angenehmen Abend verbracht haben. Am Wochenende wird das Frühstück in der Orangerie und den angrenzenden Räumlichkeiten großzügig von 6.30 bis 11 Uhr angeboten, bevor dann schon wieder für das Mittagessen eingedeckt werden muss. Wir können am Eingang unter insgesamt acht deutschen und internationalen Zeitungen auswählen und werden anschließend von der Bedienung zu unserem Platz „unter dem Orangenbäumchen“ geleitet; mit seiner Trompe-l’oeil-Malerei, floralem Schmuck und dem prächtigen Murano-Leuchter ist dieser Raum auch im hellen Morgenlicht genau die angemessene Umgebung für ein ausgedehntes samstägliches Frühstück. Schade nur, dass man auch in diesem herrschaftlichen Rahmen wieder nicht von Jogginghosenträgern verschont bleibt, und ein amerikanisches Pärchen erscheint gleich ganz im kurzen Sport-Outfit ... vielleicht sollte das Hotel hier doch auf eine gewisse Kleiderordnung bestehen. Das kleine Büffet im Eingangsbereich ist sehr übersichtlich und appetitanregend aufgebaut – weniger ist mehr, scheint die Devise. Dafür ist die angebotene Qualität umso besser. Gutes Brot und unterschiedliche Brötchensorten sorgen schon einmal für ein solides Standardrepertoire. Erstklassig der handverlesene Räucherlachs, das Angebot von Aufschnitt und Käse hingegen erscheint etwas zu ausgesucht. In der süßen Ecke überraschen neben den hausgemachten Marmeladen kleine stilvolle Nutella-Minigläser – eine hübsche Abwechsung zu den üblichen Plastikverpackungen. Die umfangreiche Cerealien- und Körnerecke, sehr leckeres Bircher Müsli, Joghurt und viel in mundgerechte Happen geschnittenes Obst unterstreichen den gesundheitlichen Aspekt (wie auch im Spa-Bistro); mit Apfel, Orange, Grapefruit, Karotte, Ananas und Maracuja werden gleich sechs frisch gepresste Säfte angeboten. Darüber hinaus stehen stilles und sprudeliges Wasser in Flaschen und ein trockener Rosé-Sekt von Fürst von Metternich im Eiskühler bereit – der aufgrund der zahlreichen muslimischen Gäste an diesem Morgen so gut wie ungenutzt bleibt. Sehr aufmerksam: Bei den Wurstsorten wird Geflügelfleisch gut sichtbar als halal bezeichnet. So etwas sollte in international Hotels selbstverständlich sein, haben wir aber bisher nur selten gesehen. Kaffee und Tee werden am Tisch serviert, von letzterem stehen laut Karte insgesamt zehn verschiedene Sorten bereit; auch Cappuccino, Latte Macchiato etc. können bestellt werden. Unter den A-la-carte-Speisen wählen wir das Omelett mit Gemüse, das so perfekt fluffig-weich ausfällt, das wir gleich noch ein zweites bestellen; auch das Spiegelei gerät hervorragend – viel besser übrigens als das klebrige und unangenehm aussehende Rührei im Chafing Dish. Gut hingegen der Speck und die Nürnberger Würstchen; Frikadellen gibt es keine. Auch hier arbeitet der heute rein weibliche Service überaus freundlich und engagiert, aufgebrauchte Speisen werden sofort nachgelegt, beim Abräumen der benutzten Teller und Bestecke sind die Damen schnell zur Stelle. Selbst um kurz vor 11 werden noch keinerlei Anstalten getroffen, das Büffet demnächst abzubauen. Für 32 Euro pro Person bietet dieses Frühstück ein durchaus angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis und fällt im Vergleich zu anderen 5-Sterne-Hotels sogar eher günstig aus. Notabene: Das Frühstück wurde auf unserer Rechnung fälschlicherweise nur mit 30 Euro berechnet.
Die Frage, was ein gutes oder sehr gutes Hotel ausmacht, ganz unabhängig einmal von der Klassifizierung, zeigt sich bekanntlich jenseits von Marmor, Gold und dicken Teppichen. In dieser Hinsicht muss sich ein Luxushotel auch mit der 2-Sterne-Herberge messen lassen, wo in kleinen und privat geführten Häusern der Service oft viel authentischer herüber kommt als im weltberühmten Grandhotel. Königliches Ambiente und fürstliche Preise wecken hohe Erwartungen, die es zu erfüllen gilt. Im Nassauer Hof mit seiner nicht in allen Bereichen optimalen Hardware nimmt der Dienstleistungsgedanke daher einen umso höheren Stellenwert ein. Dies zeigt sich, wie so oft, an Kleinigkeiten. Dass das gut geschulte Personal überall freundlich grüßt oder bei Bedarf Hilfestellung leistet, darf vorausgesetzt werden. Die bekannten Ansprüche an ein Luxushotel auch; dazu gehören etwa das Vorfahren des Wagens, Turndown-Service, der pünktliche Weckruf oder morgens die geputzten Schuhe vor der Tür (obwohl der Hausdiener hier besonders gründlich gearbeitet und sogar die Absätze nachkoloriert hat – Chapeau!). Wichtigste Schaltstelle ist aber immer noch die Rezeption, im Nassauer Hof viel gerühmt, die bei unserem Besuch einen etwas ambivalenten Eindruck hinterließ. Ein auf dem Zimmer ausliegender Bildband zum 200. Geburtstag des Hotels wird uns an der Rezeption auf Nachfrage gleich als Geschenk überreicht, sogar noch eingeschweißt. Die in der Lobby aufgestellten Vitrinenschränke mit interessanten Hotelführern und Festschriften jedoch können uns nicht geöffnet werden – nur die Direktion verfüge über den Schlüssel, wir dürften sie aber gerne von außen betrachten (!). Sind wir wirklich die ersten Gäste, die danach fragen? Und auch der freundlich gewährte Late Check-out (14 Uhr) gerät nicht optimal; so wird ganz banal vergessen, zu fragen, wie uns der Aufenthalt gefallen habe. Das sind nun wirklich Standards und darüber hinaus ja nicht allein reine Höflichkeitsfloskeln, sondern dienen dazu, direkt vom Gast seine Eindrücke und Erfahrungen geschildert zu bekommen. Wo ist ein Feedback ehrlicher und aktueller als hier? Bei Holidaycheck? Oder war man noch immer so verwirrt wegen unserer Vitrinen-Anfrage? Davon einmal abgesehen ist beim gesamten Personal ein gesundes Selbstbewusstsein zu erkennen, in einem der besten Hotels des Landes zu arbeiten, gepaart mit freundlichem Auftreten und Talent zur Gastlichkeit. Der Nassauer Hof versteht sich zu Recht als klassischer Gastgeber und nicht allein als teurer Unterschlupf auf Zeit. Alles in allem haben wir uns jederzeit gut umsorgt und sehr wohl gefühlt.
Auch geographisch ganz einfach das „erste Haus am Platze“: An der eleganten Wilhelmstraße, vis-à-vis dem Bowling Green mit Kurhaus und Spielbank; auch zum Staatstheater, Regierungsviertel und Einkaufsstraßen sind es nur wenige Schritte. Der Hauptbahnhof ist rund 5 Taximinuten, der Flughafen Frankfurt/Main 30 Kilometer entfernt. Die Vorfahrt am Kaiser-Friedrich-Platz ist allerdings nicht jedermanns Sache; hier wird man in der engen, zugeparkten Durchfahrt von ungeduldigen Taxifahrern schnell einmal angehupt, wenn es zu lange dauert. Wenn dann, wie in unserem Fall, nicht gleich ein Doorman zur Stelle ist und man selbst hektisch erst an der Rezeption nach einem Gepäckträger suchen muss, kann das tatsächlich schon einmal in Stress ausarten. Erst als der Wagen dann vom Hausdiener in die Garage gefahren wurde (25 Euro pro Tag), konnten wir unsern Aufenthalt so richtig genießen.
Beliebte Aktivitäten
- Kultur & Erlebnis
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Der Weg durch das verschachtelte Haus zur Therme („Wellness. Sports. Beauty“) wird zum Irrgarten. Allerdings – immer hinauf, und der Weg lohnt! Erst Ende des vorherigen Jahrhunderts erinnerte man sich an die alten Thermalrechte der nahe gelegenen Kochbrunnenquelle und errichtete auf dem Dach im 5. Stock das vielleicht schönste Indoor-Schwimmbad der deutschen Hotellerie, das bis heute nichts von seiner klaren architektonischen Aussage eingebüßt hat. Weit schweift der Blick aus dem warmen Wasser über die Dächer der Stadt bis zu den Ausläufern des Taunus – besonders abends bei schummriger Beleuchtung ein geradezu zeitvergessener Ort, der an die römische Badekultur der Stadt zu erinnern vermag. Amüsant zu beobachten die arabischen Gäste, die (des Schwimmens unkundig?) stundenlang im Pool auf und abmarschieren. Was genau an dem leicht salzig schmeckenden Wasser nun aber so gesund sein soll, konnte uns die nette Aufsicht nicht erklären, und die genannte Temperatur von 32 Grad scheint uns auch etwas übertrieben. Dafür fehlt der sonst so typische Chlorgeruch. Die schön bepflanzte Rooftop-Terrasse nutzten wir aufgrund des kühlen Wetters nur zum Telefonieren – im gesamten Spa-Bereich herrscht Handyverbot, und alle haben sich daran gehalten. Neben der Therme gibt es – von uns nicht genutzt – außerdem noch diverse Behandlungs- und Massageräume, eine Artemis Beauty Lounge, es werden Physiotherapie und Krankengymnastik angeboten, man kann mit seinem Personal Trainer im gut ausgestatteten Fitnessraum sein Workout absolvieren, im Solarium bruzzeln und tausenderlei Dinge mehr. Diese Angebote stehen nicht nur Hausgästen, sondern auch Externen offen, die sich für einen Mitgliedsbeitrag einkaufen können. Nicht so einfach allerdings: Wie es heißt, entscheidet die Direktorin persönlich über die Aufnahme! Einziger (massiver) Kritikpunkt: Das Hotel verlangt für den Saunabesuch noch einmal zusätzlich einen Eintrittspreis von 15 Euro pro Person – von Gästen, die gerade 300 Euro für ihr Zimmer bezahlt haben. Eine extrem gastfeindliche Regelung, die wir so bisher in keinem anderen deutschen Luxushotel erleben mussten (ah, doch: dem Berliner Palace). Dies wirkt gerade in einem sich so mondän gebenden Haus gierig und kleinkariert und sollte schnellstmöglich überdacht werden. Auch die Damen am Empfang, von uns darauf angesprochen, meinten nur, dies würde halt schon immer so gehandhabt – keine gute Antwort. Wir zumindest verzichtetenen auf einen Saunabesuch.
Infos zur Reise | |
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Verreist als: | Paar |
Dauer: | 1-3 Tage im September 2018 |
Reisegrund: | Stadt |
Infos zum Bewerter | |
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Vorname: | Matthias |
Alter: | 51-55 |
Bewertungen: | 25 |
Sehr geehrter Herr Matthias, vielen Dank für Ihre ausführliche Bewertung, ihre lobenden Worte zum Hotel und auch dafür, dass Sie sich Zeit genommen haben uns zu bewerten. Es freut uns sehr, dass Sie sich bei uns wohl gefühlt haben und von Kofferservice über den pünktliche Weckruf bis hin zum Turn-Down-Service mit unserem herzlichen Angebot zufrieden waren Wir würden uns wirklich sehr freuen Sie und Ihre Begleitung bald wieder hier bei uns in Wiesbaden begrüßen zu dürfen und danken Ihnen ganz herzlich! Freundliche Grüße aus Wiesbaden Ihr Nassauer Hof Team