BelleVue Club

Da wir in unserer Urlaubswoche fast nur Regen hatten, wäre es tröstlich gewesen, wenigstens ein Hotel zum Wohlfühlen gehabt zu haben. Wir haben in einer Woche 2000 km mit dem Mietwagen runtergerissen, und zwar nur deswegen, weil dieser der einzige warme, saubere und trockene Ort war, an dem wir uns aufhalten konnten. Schon die Fahrt in das Hotelviertel von Alcudia, wo das Bellevue (der Name an sich entbehrt nicht einer gewissen Ironie) sich befindet, war ernüchternd: Eine Betonburg neben der anderen und genau das "Malllorrrkka", das wir eigentlich möglichst umgehen wollten. Die Zimmer sahen zwar möbelmässig genauso aus wie auf den netten Bildern des aufwändigen Internetauftritts, nur um zehn Jahre verwohnter und wiesen diverse Instabilitäten auf. Unser Sohn durfte auf einer Pritsche schlafen, die unter dem schmuddeligen Sofa hervorgezogen werden musste. Die "Betten" wurden alle paar Tage mal wieder zugdeckt, der Staub von einer Ecke in die andere gefeudelt, und die Handtücher, die wegen des kalten, klammen Raumklimas einfach nicht trocknen wollten, wurden in der gesamten Woche zwei oder drei mal gewechselt. Unsere Bücher quollen zur doppelten Dicke auf, und wir mussten uns nach dem Zwiebelschalenprinzip vermummen, um nachts nicht zähneklappernderweise unter der filzigen Wolldecke, im übrigen das gleiche Modell, mit dem an vielen Stellen im Speisesaal die Tropfen der nässenden Decken und Wände aufgefanden wurden, zu frieren. Schimmelflecken an der Wand direkt über dem Wurst- und Käsebuffet sorgten neben Krach und Hektik, die mit dem dramatischen überlebenskampf am Buffet einherging, für eine ekelerregende Atmosphäre. In Ruhe essen war nicht drin, es ging zu wie in der Legebatterie: Massenfütterung der um sich hackenden Gierschlünde mit dem einzigen Zweck, zu verdauen. Wenn wenigstens das so einfach gewesen wäre, denn das Essen bestand vorwiegend aus Fett. Das Klientel drängte einem regelrecht den widerwärtigen Gedanken auf, wer wohl vor uns in unserem Zimmer geschlafen hat. Wir haben Leute gesehen, die in der gesamten Woche jeden Morgen in der gleichen Frotteehose zum frischen Buffet schlurften. Viele schienen damit überfordert, den gleichen Servierlöffel wieder in die gleiche Schüssel zu legen, was einem die Lust am Salat bzw. am Nachtisch gänzlich verleidete. Das Personal hingegen schien sich daran nicht zu stören, denn wenn einmal ein Mayonaise-bematscher Löffel in den Tomaten lag, blieb das den Rest des Abends so. Alles in allem: Wir fahren oft mit dem Zelt in Urlaub und sind bestimmt nicht empfindlich, was auch einfache Unterkünfte angeht. Hier konnte man noch nicht mal sagen "Naja, wenigstens war es sauber...". Diese Anlage ist bestenfalls etwas für Kandidaten, die Masse statt Klasse schätzen, auf peinliche Primitiv-Animation mit viel Geplärr stehen und denen es beim dank All-Inklusive schnell erreichten Saufpegel ziemlich egal ist, dass ihr vorschnell ausgespieener Mageninhalt nur alle paar Tage mal aufgewischt wird. Das erste Mal in meinem Leben muss ich leider sagen: Schade um das schöne Geld und die schöne Zeit!

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