Auf der einen Seite bilden die Bambuswälder der Blue Mountains Kingstons natürliche Grenze, auf der anderen hindert das Meer Jamaikas Hauptstadt am Weiterwachsen. Muss sie auch gar nicht, die Stadt hat fast eine Million Einwohner – und jede Menge Sehenswürdigkeiten. Wenn man sie nach dem Slalom durch Bergschluchten endlich erreicht, liegt sie in beeindruckender Größte vor einem.
In den 1960er-Jahren wuchs New Kingston im Norden der Stadt auf dem ehemaligen Old Knutsford Race Course. Hier, in den Außenbezirken, erinnert Kingston ein wenig an US-amerikanische Großstädte. Doch dort, wo am Ende der Häuserfluchten das Glitzern des Meers zu sehen ist, weicht der moderne Look den schönen Arkaden und kolonialen Villen des historischen Zentrums.
Rund um den kleinen William Grant Park ist das alte Kingston erlebbar, hier spürt man den alten Glanz, auch wenn die eine oder andere Fassade schon etwas Patina angesetzt hat. An vielen Ständen verkaufen Händler Schuhe, Kleidung und Lebensmittel. Gleich nebenan sieht man die neoklassizistische Fassade des einst weltberühmten Ward Theatres, hier traten Weltstars wie Artur Rubinstein auf. Heute kann man sich noch an manchen Stellen in Kingston ein Bild davon machen, wie die Stadt zur Zeit der Zuckerbarone ausgesehen haben muss. Der Erbauer von Devon House, Georg Stiebel, der erste Millionär Jamaikas, wurde allerdings reich mit südamerikanischen Goldminen. Im Norden des Zentrums ließ er sich eine schneeweiße Villa in einem Tropengarten errichten. Devon House ist heute Museum und eine der Hauptattraktionen der Stadt. Nur einige Blocks entfernt steht mit dem Bob-Marley-Museum gleich die nächste.
Auf den Holzbohlen in Bob Marleys Wohnhaus kann man in die Zeit eintauchen, als Lieder von Peace & Love & Freiheit noch die Reggae-Charts anführten und nicht wie heute das Macho-Gehabe des allgegenwärtigen Dancehall. Marley lebte und arbeitete hier von 1975 bis zu seinem Tod 1981. Die hübsche Kolonialstil-Villa ist Museum und Pilgerziel für Fans, die heute fast ausschließlich aus dem Ausland kommen. Kein Wunder, die Chance einen Song des einstigen Superstars zu hören, ist in Übersee vermutlich größer als bei den zahlreichen Stationen des Reggae-Mutterlands.
Die einstündige Tour vermittelt auch für Marley-Kenner spannende Details aus dem Leben des Superstars. An den Wänden hängen die zahlreichen Gold- und Platinplatten, allerlei Rastafarian-Devotionalien und Marleys Lieblings-Jeanshemd, das er oft auf der Bühne trug. Und am Bett steht seine Lieblingsgitarre. Auch das Tonstudio ist Teil der Ausstellung, mit schönen Porträtfotos. Fotografieren ist im Museum übrigens nicht erlaubt. Eintritt inkl. 1,5-stündiger Führung ca. 20 Euro, www.bobmarleymuseum.com
Red Bones Café
Unbedingt besuchen sollte man auch das legendäre „Red Bones – The Blues Café“ . Das etwas versteckt liegende Gartenrestaurant serviert karibische Fusion-Küche und hat eine gut sortierte Bar – fast 30 verschiedene Rumsorten stehen auf der Karte. Dazu gibt es live Jazz & Blues, regelmäßig finden auch Kunstausstellungen statt.
Jamaikas Hauptstadt Kingston hat zwei Gesichter: Die Aussenbezirke erinnern an US-amerikanische Großstädte, am Meer verblassen alte Villen und setzen Patina an.