Immer schon war der Hafen das Herz von Antwerpen. Er verbindet die flämische Stadt seit Jahrhunderten mit der Welt, von hier kommen viele Waren aus allen Ländern der Erde nach Europa. Der Hafen hat Antwerpen zu einstiger Größe verholfen, zu Wohlstand und Reichtum – und noch immer ist er einer der größten Warenumschlagsplätze der Welt. Heute werden die meisten Waren jedoch in Containern verschifft, der Hafen hat sich etwas verlagert. Das alte Hafengebiet wandelt sich – vom Industrie- zum Wohnviertel.
Es ist Platz und Zeit für Neues. Und so hat sich rund um den Hafen von Antwerpen in den letzten Jahren ganz viel getan, sind Bars und Restaurants in die alten Gebäude gezogen, haben sich Kreative niedergelassen, wurden Gebäude saniert. Wo einst Lagerhallen standen, wurden und werden Wohnhäuser errichtet. Bis zur Wasserkante befindet sich das Eilandje – das Inselchen – genannte Hafengebiet im Umbruch.
Auch geografisch ganz an der Spitze steht der futuristische An- oder besser Aufbau, den Stararchitektin Zaha Hadid für die Hafenbehörde entworfen hat: Auf das bestehende Gebäude wurde ein silberglänzender Glaskörper in Form eines Schiffs gesetzt. Dieser Bau markiert das äußerste Ende des Eilandje. Die Verbindung von Traditions- und Trendbewusstsein zieht sich durch die gesamte Szenerie am Hafen wie ein roter Faden: So gut wie alles, was hier entsteht, setzt auf eine bewusste Kombination von Bewährtem und Neuem.
Dieser Aufbruch zu neuen Ufern zieht auch Leute mit Träumen und Ideen auf das industriell geprägte, aber sehr zentral gelegene Areal an der Schelde. Zum Wohnen, aber auch zum Arbeiten. So etwa die Antwerpse Brouw Compagnie: In einer alten Lagerhalle wird jetzt Bier gebraut. Die Braumeister haben ein ganz traditionelles, aber etwas in Vergessenheit geratenes Rezept wieder entdeckt: Seef-Bier, das mit Buchweizen und einer speziellen Hefe gebraut wird.
Im charmant gestalteten Gastro-Bereich und im Beachclub-artigen Freigelände wird es nun ausgeschenkt. Der industrielle Charme ist geblieben, aber um eine liebenswert-alternative Note ergänzt. Zum Feierabendbier trifft sich ein aus hippen Anwohnern und Arbeitern in Latzhosen gemischtes Publikum, regelmäßig finden auch Konzerte statt.
Am anderen Ende, am Willemdok, ragt das Museum an de Stroom, kurz MAS, neben dem Hafenbecken auf: Ein markanter, moderner Bau in leuchtend Rot und mit riesigen Glasfronten, zehn Stockwerke hoch. Jede der Etagen ist mit einem Panoramafenster versehen, das um neunzig Grad zum darunterliegenden versetzt ist. So bietet sich von jeder Höhe ein anderer Blickwinkel auf die Stadt – und von der Dachterrasse ist der Rundumblick atemberaubend.
Im Hafenbecken von Willemdok dümpeln stattliche Yachten weißglänzend in der Sonne, der breite Flanier- und Radweg entlang der Uferpromenade ist gesäumt von Restaurants und Bars, die Tische sind gut besetzt. In einer Seitenstraße pumpen Bässe aus den offenen Fenstern eines Fitnessstudios. Das gastronomische Angebot hier ist breit, vom Traditions-Italiener über Bistros bis hin zu innovativen Junggastronomen ist alles dabei. Auch die jungen Wilden haben Traditionsbewusstsein, paaren es aber mit innovativen Ideen. So etwa die Pizzabäcker von Otomat: Für den Teig wird die Hefe des berühmt-berüchtigten Duvel-Bieres benutzt. Die Pizza ist damit nach eigenem Bekunden die erste rundum „belgische Pizza“.
Für die Erkundung des Eilandje und des benachbarten Schipperskwartier ist ein Tag gut angesetzt – zu Fuß lässt sich alles prima erreichen, es bleibt genug Zeit zum Gucken, zum Essen oder um einfach nur mal dazusitzen und das Treiben zu beobachten.
Übrigens: Mit dem Auto macht es weder Sinn noch Spaß, sich durch Antwerpen zu bewegen – es ist eine Zweirad-Stadt. Eine empfehlenswerte Alternative sind Miet-Fahrräder, die man an vielen Stationen ausleihen kann. Dafür muss man sich online anmelden, die Tageskarte kostet preiswerte vier Euro. Anmeldung und weitere Infos dazu hier. Wer sich doch lieber motorisiert bewegt, findet eine stilvolle und obendrein umweltschonende Variante mit dem Miet-Elektro-Roller. Mehr Infos dazu findet ihr hier. Natürlich geht es auch mit Bus und Bahn – aber zu Fuß oder per Zweirad hat man die Möglichkeit, auch versteckte Ecken zu entdecken.
Der gläserne Aufbau auf dem Gebäude der Hafenbehörde stammt aus der Feder von Stararchitektin Zaha Hadid – eine Besichtigung lohnt sich und ist an bestimmten Tagen möglich.
Der moderne Museumsbau im Hafen Willemdok bietet nicht nur eine hervorragende Aussicht auf die Stadt, sondern auch Ausstellungen zu verschiedenen Themen. Der Zugang zur Dachterrasse ist kostenlos, nur die Ausstellungen kosten Eintritt. In unmittelbarer Nähe zum MAS finden sich viele Bars und Restaurants.
Das Eilandje ist altes Hafengebiet – hier wird überall gebaut, an jeder Ecke entsteht gerade etwas Neues. Nach der Erkundungstour der Gegend zwischen MAS und Havenhuis lohnt sich ein Besuch der Seefbier-Brauerei in der Indiestraat.