Alle Bewertungen anzeigen
Stefan (51-55)
DeutschlandAus Deutschland
Alleinreisend • Oktober 2012 • 2 Wochen • Sonstige
Achtung Schnäpschenalarm!
4,5 / 6

Allgemein
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
    Sehr gut

Diese Bewertung fängt an mit der Geschichte von einem, der auszog, den ehemaligen Ostblock kennen zu lernen. „Ich fahr jetzt einfach mal nach Polen, da kennt mich keiner“, hatte ich mir vorgenommen. In Deutschland ist es kaum anders. Gebucht wurden zwei Wochen im Oktober, HP, Zimmer zur Alleinbenutzung. Das alles in der Villa Kunterbunt. Dieser Name suggerierte Anarchie, Chaos und Spaß, weil da dachte ich gleich an die schwedische Göre Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf. Als ich an einem herrlichen Sonntag kurz nach 13 Uhr ankam, stand ich zunächst vor verschlossenen Türen. War ich überhaupt richtig? Stand draußen auf dem Schild nicht Willa Smiesznotka? Natürlich war ich richtig, denn an der Eingangstür klebte ein Zettel mit dem Gesicht der frechen Pippi drauf, und einer Telefonnummer. Ich zückte das Handy. Wer heute ohne so ein Teil unterwegs ist, muss ein Lebenskünstler sein. Zehn Minuten nach meinem Telefonat kam die Angestellte Ascha, eine junge, attraktive Polin, und schloss mir auf. Junge, gut aussehende Polinnen kennt man aus deutschen Krimis zu genüge, wo sie von tollkühnen Polizeibeamten aus den Händen brutaler Zuhälter befreit werden. Ob ich mich während meines Urlaubs aus den Händen von Osteuropäerinnen befreien musste, wird an dieser Stelle nicht verraten. Die polnischen Frauen sind modisch sehr elegant gekleidet und Gigolos in der Danziger Altstadt konzentrieren ihre Blicke gezielt auf diese wunderbaren Geschöpfe, historische Sehenswürdigkeiten sind nur sekundär. Die Villa Kunterbunt ist, wie zu vermuten kein großes Betonhotel, sondern eine nette kleine Pension, wo man als Gast nicht in der Anonymität versinkt. Im gemütlichen Speiseraum kommt man abends bei Kaminfeuer mit anderen Gästen, die hauptsächlich aus Deutschland kommen, schnell in Kontakt. Die Besitzerin Karolina spricht sehr gut unsere Sprache und sorgt mit ihrer Herzlichkeit für eine familiäre Atmosphäre. WLAN ist kostenlos, wie so mancher Schnaps, wenn die Chefin nach dem delikaten Abendessen mit der Flasche in der Hand an die Tische kommt, um die Gäste zu Alkoholikern zu machen. So scheint es, dabei betont sie immer, dass es sich hier lediglich um Medizin handelt. Diesen Spruch hat sie von den Türken geklaut, die behaupten das ebenfalls über ihren Raki. In diesem Punkt zumindest stimmt das Sprichwort „Kaum gestohlen ...“ Viele Deutsche sind der Ansicht, die Polen exportierten Wertgegenstände und Autos aus Deutschland, ohne dabei den üblichen Weg der Übertragung des Besitzanspruches zu wählen. Naja, immer diese Klischees. Wer zum ersten Mal in Polen ist, wird spätestens nach drei Tagen seine Geldbörse nicht mehr fest umklammert halten, sondern schätzt die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Einheimischen. Von jetzt an steht für mich Villa Kunterbunt für Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Gemütlichkeit, schmackhaftes Essen und Schnäpschenalarm. Angenommen, in Deutschland kenne mich jede Sau und es gäbe jede Menge Leute, die ich nie kennen gelernt habe, die aber alles über mich wissen. Furchtbar, was dann? Eine neue Identität annehmen? Ins Ausland flüchten? Vielleicht führt mich das wieder zurück in die Villa Kunterbunt - wer weiß das schon? Als ich nach meinem zweiwöchigen Aufenthalt am Sonntagmorgen das Haus verließ, um am nächsten Nachmittag von Danzig mit dem Linienbus wieder heimzufahren, war ich am Montagabend bereits wieder in der Villa. Warum? – Wieso? – Weshalb? Tja, das ist wieder eine ganz andere Geschichte.


Zimmer
  • Eher schlecht
  • Die Pension hat sieben Zimmer, meins war mit Dusche und WC, Balkon Fehlanzeige. Wenn´s richtig voll ist, werden Gäste gegebenenfalls in einem anderen Gebäude untergebracht. Hunde sind willkommen, ob vierbeinige oder krumme wie mich. Auch Nachbarn besitzen welche. Nie vergessen: Hunde, die bellen, schlafen nicht. Pech nur, wenn man selbst bereits am Ratzen ist und dadurch wach wird. In den Räumen zur Straße hin, die hoch zum Bahnhof führt, muss mit klein wenig Verkehrslärm gerechnet werden. In meinem Zimmer (Nr. 1) thronte auf einem Vitrinenschränkchen ein Fernseher. Der konnte mir gestohlen bleiben, aber am 16. Oktober übertrug die ARD nach der Tagesschau um acht das Fußball-WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Schweden. Bei mir in der Kiste leider nicht zu empfangen das Erste, nur 3sat als deutschsprachiger Sender. Der zeigte um diese Uhrzeit unter dem Thema „Deutschland im Herbst“ den Film Mogadischu. Im Jahre 1977 entführten Terroristen die Lufthansa-Maschine Landshut nach Mogadischu. Während die Befreiung der Geisel durch ein GSG-9 Kommando glimpflich ausging, endete das Fußballspiel trotz eines komfortablen Vier-Tore-Vorsprunges der deutschen Mannschaft nicht ganz so glimpflich. Die Schweden machen sich in Deutschland immer unbeliebter, das fing bereits 1997 mit dem Elchtest an. Mit diesen Skandinaviern hatten es die Polen auch nicht so. Vor einigen Jahrhunderten gab es immer wieder mal Kloppereien zwischen Schweden und Polen um die Vorherrschaft im Ostseeraum. Es waren dynastische Konflikte, die Wasa in Schweden war protestantisch, die in Polen katholisch. Und vergessen wir nicht unsere Pippi, dieser verwegene, ungehemmte, rebellische Frechdachs. Wenn Bälger anfangen, Pippi nachzuahmen, dann geraten Eltern schnell an ihre pädagogischen Grenzen, nicht nur polnische. Aber es gab noch einen Haufen anderer Kanäle. Im polnischen Fernsehen laufen ausländische Filme in der jeweiligen Originalsprache. Wohl ein eigens dafür auserkorener Mann spricht mit eintöniger Stimme die übersetzten Dialoge hinein. Ganz egal, ob gerade ein Weib nörgelt, ein Meerschweinchen piepst oder E.T. von einem fernen Planeten nach Hause telefonieren möchte, der Sprecher bleibt cool bei seiner monotonen Stimme. Wichtige Info für alle, die im Herbst hier sein sollten. Die durch Fernwärme betriebene Heizung wird von der Stadt in der Regel erst am 15. Oktober in Betrieb genommen. So kam es, dass ich in einer kalten und schlaflosen Nacht stundenlang überlegte, wen ich dafür vor den Kadi ziehen könnte. Aber die Polen sind Meister der Improvisation und Karolina weiß immer eine Lösung. Nachdem ich am nächsten Tag deswegen lautstark rumgemault hatte, besorgte sie mir ein zweites Oberbett. Die Chefin des Hauses hatte aber noch andere Ideen auf Lager, höchst ausgefallene sogar. Zum Beispiel legt sie Alleinreisende kurzerhand zusammen auf ein Zimmer, so müssen beide in einem Bett schlafen und können sich gegenseitig wärmen. Ich sag doch, die Polen sind kreativ und bei solchen Aktionen sind amouröse Turbulenzen nicht ausgeschlossen. Was die Heizung betraf, die wurde auf Druck von Bürgern einige Tage früher eingeschaltet. Trotzdem Punktabzug für die kalten Tage im Zimmer!


    Restaurant & Bars
  • Gut
  • Liebhaber von verkochtem Kantinenessen und Freunde von Aufgewärmtem aus der Mikrowelle werden hier nicht auf ihre Kosten kommen. Abends gab es ein Drei-Gänge-Menü, oft landestypisch. Das Frühstück war in Ordnung. Brötchen hatten Seltenheitswert, stattdessen hatte man die Wahl zwischen verschiedenen Brotsorten. Auch hier, wie überall in der Welt, wurde unter den Gästen über die Qualität des Kaffees kontrovers diskutiert. Wir kennen alle das germanische Sprichwort: „Wer morgens über den Kaffee mault, dem ist bereits der halbe Tag versaut.“ Besucht man ein Restaurant, ein Lokal und bezahlt cash, bedeutet das: man zahlt mit Zloty. Seit dem 1. Mai 2004 gehört Polen der EU als Vollmitglied an. Sobald der Euro in Polen eingeführt werden sollte, hat man den Punkt erreicht, wo man sich alles kaufen kann, aber kaum einer kann es sich mehr leisten. Dann werden sich die Altkommunisten erheben und mit ernster Stimme sprechen: „Seht ihr, das habt ihr nun davon, von eurem Kapitalismus, dem dekadenten!“ Wie lange es den Euro überhaupt noch gibt, diese Frage kann im Moment niemand so richtig beantworten. Vielleicht kommt die gute Deutsche Mark eines Tages zurück, durch die Auflösung der Eurozone? Und viele, viele bunte Währungen, wie zum Beispiel die Katalanische Peseta, der Baskische Franc oder der Südtiroler Alpendollar, werden durch neue Staatsgründungen eingeführt.


    Service
  • Sehr gut
  • Nettes Personal, hauptsächlich weiblich. Bis auf den trinkfesten und bereits in die Jahre gekommenen Sigmund, den Sechs-Millionen-Zloty-Mann. Diesen Spitznamen hat der alte Haudegen nicht etwa, weil seine letzte Generalüberholung beim Onkel Doktor so teuer war, nein, sondern weil er einfach unersetzlich ist. Mal pumpt Sigmund die Fahrräder auf, heizt den Kamin oder chauffiert Gäste durch die Pampa. Und wenn er nichts zu tun hat, schärft er seine Sinne mit Schnaps oder zankt sich mit seinen Kolleginnen. Obwohl, mir kam es so vor, als wolle er sich von den Damen nur nicht unterkriegen lassen. Dem guten Sigmund möchte ich hier an dieser Stelle aber absolut nichts unterstellen, da ich der polnischen Sprache nicht mächtig bin, vielleicht neckt man sich nur. Die polnische Sprache, ja die hat es wirklich in sich! Sie ist ziemlich verflixt, am einfachsten sind die Abkürzungen wie: ul steht für ulica (Straße,) PKS für den Omnibusverkehr, PKP für die staatliche Eisenbahn, S.O. für Sad Okregowy (Bezirksgericht). Und k.o. sollte allgemein bekannt sein, das war man so ziemlich nach einigen Gläschen von Karolinas Wunderschnaps.


    Lage & Umgebung
  • Gut
  • Das Zentrum erreicht in zwei Minuten. Ein kleiner Emmaladen, wo man alles bekommt, was man zum Überleben in Pommern braucht, ist in nur einer Minute erreichbar. Solche Läden haben die unmöglichsten Öffnungszeiten. Morgens bereits um 6 Uhr geöffnet und um 23 Uhr wird erst dichtgemacht. Das ist normal hier, selbst am Sonntag. Dagegen machen einige Fachgeschäfte um 17 Uhr schon zu. Bei Ausflügen nach Marienburg (Ordensburg) steht man in der Nebensaison nach 15 Uhr bereits vor verschlossenen Türen. Den Bahnhof sowie den nächsten Lidl Supermarkt erreicht man in zehn Minuten zu Fuß, zum Wasser sind es fünf Minuten. Puck (sprich Puzk) liegt an der Danziger Bucht, streng genommen nennt sich dieser Teil Zatoka Pucka. Wer hier tosendes Meer mit hohem Wellen und endlosen Stränden sucht, wird enttäuscht sein. Zum richtigen Meer muss man gut zehn Kilometer nordwärts zum Seebad Wladyslawowo fahren. Wladyslawowo, ein komplizierter Name, wie die ganze polnische Sprache. Drei Tage waren nötig, bis ich diesen Ortsnamen wie aus dem Effeff konnte. Das Gebäude neben dem Rathausturm, den man von Puck aus sehen kann (zumindest die Spitze), ist ein Spital. Schon seltsam, dass man direkt daneben einen Vergnügungspark gesetzt hat. Wenn der lärmende Park zuerst da gewesen sein sollte, wunderte es mich nicht, wenn die Krankenhausdirektion im Gebäude Punkrockmusikern Proberäume zur Verfügung stellt, damit ordentlich Stimmung in den Laden kommt. Etwas östlich vom Turm, da wo der Lidl aufhört, fängt die Halbinsel Hel an. Im Oktober zieht es noch nicht einmal Surfer aufs offene Meer. Einsame Strandspaziergänge sind hier um diese Jahreszeit möglich. Wem die Puste ausgeht, fährt mit dem Bus zurück. Den aktuellen Fahrplan besorgt man sich am besten vorher, z. B. im Bahnhof oder beim Schaffner. Wer kein Ticket hat, kauft sich im Bus eins. Entweder direkt beim Fahrer oder beim Schaffner. Der sitzt immer ganz vorne, das gilt auch fürs Zugfahren. Bus- und Bahnfahren ist somit in Polen relativ problemlos und preisgünstig obendrein. Anders als bei mir im Rheinland zum Beispiel, wo überall Automaten stehen, und das Tarifsystem sind wie die Wege des Herrn, schier unergründlich. Zu verschiedenen Verkehrsverbünden gesellen sich Übergangstarife, Sonderfahrkarten, Solidaritätszuschläge usw. Wer blickt da noch durch, bei unserer Deutschen Bahn? Die Strände sind sehr klein, aber fein. Im Gegensatz zu den Orten direkt an den Ostseestränden soll es in Puck selbst in der Hochsaison nicht überlaufen sein. Touristisch gesehen ist es in dieser Region im Oktober bereits das meiste so gut wie tot. Etliche Restaurants und öffentliche Toiletten haben bereits geschlossen. In Danzig stellt Ende Oktober das Piratenschiff seinen Fahrbetrieb ein, Fahrten zur Westerplatte sind aber noch möglich. Wer an einem Dienstag in Danzig sein sollte, hat die Möglichkeit, viele Museen kostenlos zu besichtigen. Puck ist eine kaschubische Stadt und hieß früher Putzig. In Pommern wurde früher deutsch gesprochen, aber nach all dem geschichtlichen Trouble mit uns hat sich vieles verändert. Auf Mallorca ist es eher umgekehrt, hier wird nun viel mehr deutsch gesprochen als früher. Einige Polen, welche noch fest mit der Vergangenheit verwurzelt sind, neigen zur Ausländerfeindlichkeit, kein Wunder. Was im Zweiten Weltkrieg die deutsche Wehrmacht stehen gelassen hatte, hat später die Rote Armee niedergerissen. Das trifft besonders auf Danzig zu. Allerdings haben sich die Zeiten geändert und von Vergebung und Versöhnung scheinen einige in diesem katholischen Land noch nie was gehört zu haben Der beliebteste Ausländer in Polen, man glaubt es kaum, ist Ronald McDonald. Im Grunde ist dieser Yankee ein Verräter der kulinarischen Tradition des Landes, trotzdem rennen alle wie verrückt in seine Schnellimbissrestaurants. Selbst in der 12.000 Seelenort Puck hat man eine Filiale hingepflanzt. Die Hamburger dort schmecken genauso wie in New York, Rio, Tokio. Ob gut oder schlecht, Kochen ist ebenfalls eine Kunst, und Kunst liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, in diesem Fall treffender gesagt: am Gaumen des Genießers. Wer nicht ohne seine BILD-Zeitung leben kann, wird in Puck wohl verzweifelt nach einer suchen müssen. Dieses Blatt soll es anscheinend nirgends hier zu kaufen geben. Mehrfach preisgekrönte Titelseiten kann man sich später daheim in aller Ruhe googeln. Wie die vom 20. April 2005 „Wir sind Papst!“ Davor waren die Polen Papst, und zwar für exakt 9.665 Tage.


    Aktivitäten
  • Eher schlecht
  • Beliebte Aktivitäten

    • Sonstiges

    Pool? Da war kein Pool, hab keinen gesehen. Wenn die Tage wärmer werden, wird so eine Art größeres Planschbecken aufgestellt, mehr was für Kinder, oder? Ich geh davon aus, dass dieser Sommerpool nicht mit Schampus gefüllt wird, dann wär´s was für Erwachsene. Dieser Pool wird größer sein als ein Taufbecken, davon geh ich aus. Wie viele Menschen Karol Jozef Wojtyla getauft und so zu Kindern Gottes gemacht hatte, weiß ich nicht. Dieser Herr ist besser bekannt als Johannes Paul der II. Ist der Papst katholisch? Tak (ja), er ist das Oberhaupt dieser Kirche. Hier wird noch viel Tradition betrieben. Allerdings, ich glaube, Gott ist es wichtiger, wie erwachsene Kinder Gottes sich verhalten, wenn sie nicht gerade in der Kirche sind und Rituale pflegen. Glaube und Handeln stehen bei Menschen oft in Widerspruch. Christentum als Auslöser für Kriege wie die Nordischen war mit Sicherheit nicht im Geiste des Friedefürsten Jesus Christus. Der Boss hat nie gesagt, wir sollen uns die Rübe einschlagen, stattdessen sollen wir andere so behandeln, wie Er es tun würde. Mitglieder von Gottes Fanklub zeigen Freude und Begeisterung, sie genießen das Leben, sind demütig, sanft, bescheiden und haben die richtige innere Einstellung. Das alles, weil sie durch eine intakte persönliche Beziehung zum Allmächtigen ihren Glauben leben. Deshalb ist es für mich im Grunde egal, welcher Konfession jemand angehört. Irgendwann erkennt man die wahren Kinder Gottes an ihren Früchten. Es besteht die Möglichkeit, sich ein Rad zu leihen, und die Gegend zu erkunden. Dabei darf man sich nicht wundern, wenn man hin und wieder mal ein Stückchen von einer Horde kläffender Hunde eskortiert wird. Durch den Wald krabbeln und Pilze suchen kann man auch, wenn man Ahnung hat. Wenn sie nicht als Alleinunterhalterin auftritt, übernimmt Karolina die Animation. Junge, pelzbemützte Erntehelfer, die unbeholfen russische Kosakentänze zur Aufführung bringen oder robuste junge Damen in knöchellangen Röcken, die die armen Gäste zu peinlichen Tanzeinlagen nötigen, gehören zum Glück nicht zu ihrem Repertoire. Dafür gab es einen kleinen Sprachkurs. Eines Abends mussten wir alle mindestens zwei Worte auf Polnisch sagen, ansonsten lag eine drakonische Strafe in der Luft, es drohte Schnapsentzug. Autorennen und Wandern. Zu kommunistischen Zeiten konzentrierten sich die polnischen Autofahrer darauf, Schlaglöcher auszuweichen und andere Verkehrsteilnehmer in die Flucht zu schlagen. Das mit den schlechten Straßen hat sich gebessert, das mit der Rücksichtslosigkeit weniger. Denken Sie daran, wen sie Fuß unterwegs sind: Autos, die hupen, bremsen nicht. Ansonsten wird man wohl oder übel den Rest des Urlaubs im Spital von Wladyslawowo verbringen müssen, wo man durch einen Cocktail aus Jahrmarktschreiern und Achterbahngekreische den ganzen lieben Tag höllisch genervt wird. Aber keine Angst, im Herbst, da hat der Lunapark schon gar nicht mehr auf. Wenn da nicht noch die Punkrocker wären ... S-Bahn-Surfen ist ein äußerst gefährlicher Sport, Zug fahren manchmal auch. In netter Begleitung zweier Schwestern aus Westfalen machte ich mich an einem sonnigen Freitag mit dem Zug auf den Weg nach Sopot, dem bekanntesten Seebad vor den Toren von Danzig. Die moderne Regionalbahn fährt nur bis Gdynia Glowna. Ab da muss man die SKM Richtung Danzig nehmen. Obwohl diese S-Bahnen regelmäßig alle 20 Jahre gereinigt und gewartet werden, macht es wirklich keinen großen Spaß, mit ihnen zu fahren. Oft sind diese Züge sehr voll, da ist dann nix mit bequem sitzen und somit wird das alles zu einem Sport ganz besonderer Art. Heil in Sopot angekommen, empfing uns ein Spätsommer wie aus einem Bilderbuch. Frauen trugen Sommerkleider, Männer zeigten ihre nackten Oberkörper und für mich gehörten die durchfrorenen Nächte ohne Heizung lagen in einer längst vergessenen Vergangenheit. Meine beiden Damen freuten sich mit unaussprechlicher und herrlicher Freude über dieses Wetterchen und hätten sie kleine Flügelchen wie Engel, sie hätten sich jubilierend in die Lüfte erhoben. Dabei bestand jedoch die Gefahr, mit dem motorisierten Paragleiter zusammenzustoßen, der in der Lüfte unbekümmert seine Kreise zog. Der Kurort Sopot ist ein Muss für alle Touris wie der Besuch eines der hiesigen Fischrestaurants für alle Feinschmecker. Die Preise sind überwiegend moderat, deshalb auch für finanziell nicht so liquide Besucher zu empfehlen. Polen überhaupt ist ein preiswertes Urlaubsland.


    Preis-Leistungs-Verhältnis: Sehr gut
    Infos zur Reise
    Verreist als:Alleinreisend
    Dauer:2 Wochen im Oktober 2012
    Reisegrund:Sonstige
    Infos zum Bewerter
    Vorname:Stefan
    Alter:51-55
    Bewertungen:7