Meine ersten Stunden auf Madeira waren nicht wirklich schön. Also: die ersten Stunden bei Tageslicht. Ich war am Vorabend spät angekommen, im Dunkeln, hatte an der Hotelbar noch ein Bier getrunken und war schlafen gegangen. Am nächsten Morgen wollte ich Funchal erkunden, war aber schon um Zehn zurück im Hotel - und ziemlich frustriert. In den Straßen und Gassen der Inselhauptstadt drängten sich derart viele Urlauber, dass man den Eindruck bekommen konnte, sämtliche Kreuzfahrtschiffe des Atlantiks hätten ihre Passagiere gleichzeitig auf das arme Funchal los gelassen. Schrecklich war das. Dementsprechend missmutig aß ich mein Frühstücksmüesli. Was mein Glück war. Weil Luis das sah. Luis war einer der Hotelkellner, der das nicht mitansehen konnte: ein Besucher am ersten Morgen und schlecht gelaunt. Luis jedenfalls riet mir, mich auszuruhen. Das Hotel zu genießen, eine Runde im Pool zu drehen. Und es nachmittags noch einmal zu versuchen mit Funchal.
Ich hab das so gemacht – und nachmittags dann eine komplett andere Stadt gefunden. Wo morgens die Kreuzfahrttouristen alles verstopft hatten, Menschen in kurzen Hosen und Sandalen bei 14 Grad – da waren nachmittags nur noch Portugiesen unterwegs. Ich vermute, dass die Kreuzfahrer dann irgendwo auf der Insel herum geschippert wurden oder zurück an Bord waren, wo es bestimmt Schwarzwälder Kirsch und koffeinfreien Kaffee gab. Jedenfalls dauerte es keine Viertelstunde, und Funchal hatte mich.
Es war so ein bisschen, als würde die Stadt nach dem morgendlichen Ansturm durchatmen: Funchal hatte plötzlich etwas Geruhsames, beinahe Schwereloses. In den Bäckereien naschten die Verkäuferinnen beim Plaudern von ihrem Gebäck, auf den Balkonen der prächtigen Stadthäuser wurden Blumen gegossen, von irgendwo her schwebte eine leise Fado-Melodie. In der warmen Luft liegt ein unbestimmter Duft, der von einem Parfum stammen könnte oder von den Blumen drüben im Parque de Santa Catarina.
Vor der Fortaleza de Sao Tiago, der kanariengelben Festung unten am Meer, saßen die Leute aus dem Viertel auf mitgebrachten Klappstühlen, tranken ein Glas Wein und schauen den Wellen zu, wie sie sanft am Strand der Insel nagten. Manche sahen aus, als träumten sie vor sich hin, aber das, hat mir Luis dann am nächsten Morgen erklärt, das sei auf Madeira schon immer so gewesen. Was solle man auch tun, wenn die Horizonte nach allen Seiten unendlich erschienen bis zu jenem Punkt, an dem sich Meer und Himmel vereinten? Wenn der einzige Halt, der einzige feste Boden unter den Füßen von hier bis unendlich - wenn das die eigene, kleine Insel sei? Luis seufzte leise, als er Kaffee nachschenkte. Aber dann sah er mich lächeln und alles war gut.
Das Capelinha Caffé ist eine kleine Snackbar am Ende des Lidos. Günstige Preise, schönes Panorama – und die besten Thunfisch-Toasts der Stadt: Die XL-Version reicht locker für Zwei!
Der, auf der portugiesischen Insel Madeira liegende, Ort ist auch Hauptstadt der gleichnamigen autonomen Region. Ihr Name leitet sich von, dem früher hier zahlreich wachsenden, Fenchel ab.