Was mich an Porto als erstes überraschte, war der Eiffelturm. Mit dem hatte ich nicht gerechnet. Doch da stand er, oder besser gesagt, da lag er, lang hingestreckt mit all seinen gusseisernen Verstrebungen, und fungierte in der zweitgrößten Stadt Portugals als Brücke über den Douro, den breiten Fluss.
Der Ponte Maria Pia sieht nicht ohne Grund aus wie der Eiffelturm, sondern weil er ebenfalls vom Ingenieur Gustave Eiffel entworfen wurde, und zwar bereits im Jahr 1877, gut zehn Jahre vor dem Wahrzeichen in Paris. Die Brücke verbindet zwei Stadtviertel, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Am südlichen Ufer des Douro, in Vila Nova de Gaia, liegen die alten, lang gestreckten Lagerhäuser der Portwein-Barone.
Hier reifen die weiter landeinwärts im Dourotal gekelterten Ports – schwere, gehaltvolle Rotweine mit einem erheblichen Gehalt an Restsüße – traditionell ihrer Vollendung entgegen, von hier fand der vinho do Porto seinen Weg in die Welt. Inzwischen reist die Welt zum Port. Die Kellereien sind auf Massen von Besuchern eingestellt, mit eigenen Museen, Führungen, Degustationen und Direktverkauf.
Doch der Trubel bleibt schnell zurück, als ich die Promenadenstraße am Fluss verlasse und über das Kopfsteinpflaster schmaler Gassen den steilen Hügel hinaufwandere. Aus alten, weißgekalkten Lagerhäusern dringt kühle Kellerluft, im schattigen Innenhof döst eine Katze unter einer Weinpergola, Autos dürfen nur mit Spezialgenehmigung fahren und still ist es auch. Wie eine aus der Zeit gefallene Kleinstadt wirkt Porto hier. Das ist die zweite Überraschung.
Als ich oben ankomme, habe ich einen grandiosen Blick auf das andere Ufer des Douro. Die 2000 Jahre alte Stadt liegt da wie auf dem Präsentierteller: Dicht an dicht klettern die Häuser den Hang hinauf, rote Ziegeldächer und granitgraue Barockkirchen, und mittendrin der schlossartige Bischofspalast mit seiner leuchtend weißen Fassade, arrogant erhoben über das Leben seiner Untertanen. Der Portwein hat Porto weltberühmt gemacht, doch das Herz der Stadt schlägt dort drüben, im Stadtteil Ribeira – also nichts wie rüber! Leider nicht über die Eiffel-Brücke, die als Eisenbahnbrücke für Fußgänger nicht gemacht ist, sondern über den ebenfalls eisernen Ponte Dom Luis.
Ribeira wartet mit steilen, eng sich windenden Altstadtgassen, die sich wie Schluchten im gleißenden Licht des Atlantiks auftun. Die Altbaufassaden sind hoch und schmalbrüstig, mit blätternden Sprossen in den Fenstertüren und mit schmiedeeisernen Balkonen, an denen Topfpflanzen, Vogelkäfige und manchmal ein blauweißer Vereinsschal des FC Porto hängt. Porto, die alte Handelsstadt, galt lange als düster und irgendwie grau; die halb verfallenen Uferviertel als unheimlich. Doch seit die UNESCO Ribeira 2009 zum Weltkulturerbe erklärt hat, spitzen überall Kräne zwischen den Hausmauern empor, wird unter uralten Gewölbedecken gehämmert und geweißelt, und in den Kneipen am Flussufer sitzen die Touristen dicht an dicht und bestellen zum Aperitif trockenen weißen Portwein, der mit eiskaltem Tonicwasser aufgegossen wird. Dazu ein paar Blättchen Minze. Es schmeckt umwerfend gut.
Alte Buchhandlungen sind immer schön, aber die Livraria Lello in Porto ist geradezu ein Fest fürs Auge: die alten dunklen Holzvertäfelungen, die wunderschönen Jugendstil-Details! Highlight ist die geschwungene Treppe in den ersten Stock, ein Meisterwerk der Ingenieurskunst.
Nach Lissabon ist Porto die zweitgrößte Stadt Portugals. Im Norden des Landes an der Mündung des Flusses Douro in den Atlantik gelegen, ist Porto wegen seiner strategisch günstigen Lage noch heute eine Handelsstadt, in der sich Wirtschaftsmacht und Reichtum konzentrieren. In ungefähr drei Stunden erreicht ihr von vielen deutschen Flughäfen die Stadt des Portweins.