Es ist windig bis stürmisch an diesem Morgen, als wir am Strand in unsere dreirädrigen Segelwagen klettern. Ein bisschen Nervosität macht sich breit – sowas haben wir noch nie gemacht. Und dann geht es auch schon los. Ein Ruck geht durch den Flitzer, als der Wind ins weiße Tuch pustet und es aufbläht. „Segel stramm ziehen“, ruft unsere Trainerin Veerle de Gryse. Und schon flitzt unsere Schülergruppe in gefühlt halsbrecherischem Tempo über den Beach. Unter den Reifen hören wir das Knacken der Muschelschalen im Sand, in den Ohren rauscht der Wind. Und recht schnell schleicht sich wohl bei so manchem ein Lächeln ins Gesicht.
Das Strandsegeln hat eine lange Tradition, die in Europa bis ins Jahr 1600 zurückreicht. Ursprünglich waren die Strandsegler vierrädrige Nutz- und Transportfahrzeuge. Heute sind sie fast ausschließlich schnittige Sportgeräte, die ein bisschen an Kajaks auf Rädern erinnern. Einfache Modelle wie unsere bestehen aus einem Sitz in einem offenen Metallgestell. Gesteuert wird das Gefährt mit den Füßen. Mit einem Seil in den Händen kann man das Segel straffer ziehen oder locker lassen. Das bestimmt die Geschwindigkeit.
Veerle kennt alle Tricks und Kniffe wie ihre Westentasche. Schon seit mehr als 20 Jahren ist sie Strandseglerin. Was als Hobby begann, ist heute ihr Beruf. Hier in De Panne beim Segelclub Lazef bringt sie Touristen und Einheimischen den Umgang mit den Segelwagen bei. „Man fühlt sich einfach frei, wenn man damit unterwegs ist“, erzählt sie. Immer mit dabei: ihr Hund Aiko. Schwanzwedelnd und bellend rennt er neben uns her und hat sichtlich Spaß an den Flitzern.
Mittlerweile haben wir den Dreh raus. Mit etwa 30 Kilometern pro Stunde segeln wir über den Strand – immer von einem orangfarbenen Hütchen zum anderen, die die Streckenführung markieren. Profis erreichen übrigens bis zu 120 km/h, doch wir fühlen uns jetzt schon wie Rennfahrer.
Kurz vor der Wasserkante stehen zwei dieser Hütchen, das ist die Wendemarke. Im Scheitelpunkt der Kurve müssen wir einen Moment lang gegen den Wind fahren – ist der Radius zu groß, bleiben wir stehen. So stellen wir (wenn auch ungewollt) gleich fest, wie man mit dem Segelwagen stoppt: Einfach gegen den Wind steuern.
Doch anhalten kommt für uns gerade überhaupt nicht in Frage. Viel zu viel Spaß macht die Sause. Wende für Wende werden wir geschickter. Jedes Mal schwingt der Balken mit dem Segel über unsere Köpfe hinweg, und obwohl man tief sitzt, muss manch einer den Kopf einziehen. Umfallen kann man mit den Wagen übrigens auch. Allerdings passiert das sehr selten und wenn, dann landet man doch halbwegs weich im Sand.
„Generell ist Strandsegeln für jeden geeignet, der groß genug ist, um den Wagen zu lenken“, sagt Veerle. Meist ist das ab etwa zehn Jahren der Fall. De Panne ist der ideale Platz für unseren Sport. 18 Kilometer Strand, fast ganz ohne Hindernisse. „Manchmal fahren wir mit der Gruppe bis über die Grenze nach Frankreich, frühstücken dort und fahren dann zurück“, so Veerle.
Nach einer Stunde ist alles vorbei – und wir sind erstaunlich geschafft. Es war doch anstrengender als gedacht. Auf allen Gesichtern klebt weißes Salz vom Wind und beim Durchstreichen der Haare knirscht es vom Sand. Aber alle grinsen – so wie es im Urlaub sein soll.
Wenn ihr jetzt auch Lust bekommen habt, das Strandsegeln einmal auszuprobieren, könnt ihr jederzeit beim Segelclub Lazef einen Termin anfragen. Die Homepage gibt es leider nur auf Flämisch. Weitere Auskünfte erhaltet ihr auch vor Ort oder beim Tourismusverband von De Panne.
Die Gemeinde liegt in der belgischen Provinz Westflandern und hat knapp 11.000 Einwohner. De Panne ist der westlichste Punkt Belgiens und der südlichste Badeort an der belgischen Küste.