Auf dem schmalen Bahnsteig der hübschen alten Station im Bergdorf Sóller herrscht Hochbetrieb. Langsam rollen die hölzernen Waggons des Tren de Sóller ein, die Fahrgäste drängen an Bord. Drin wartet Nostalgie pur.
Man kuschelt sich auf braune Lederbänke, deren Lehnen umklappbar sind und einen Zweisitzer so mit einem Handgriff zum Viersitzer machen. Wände und Decken sind mit Mahagoniholz in warm leuchtenden Farben verkleidet, oben prunken Messinglampen im Art-déco-Stil, die Gepäcknetze sind noch echte Netze und an den Frontwänden hängen Bilder von Miró. Dann rattert der kleine Zug los, Fahrtrichtung Palma, Hauptstadt der Insel Mallorca.
Der gemütliche 14.000-Einwohner-Ort Sóller liegt am westlichen Rand des Tramuntana-Gebirges, die umliegenden Felsmassive schützen das wasserreiche Tal und machen es zu einem wahren Garten Eden – die duftende „Horta de Sóller“ ist berühmt für Orangen, Oliven, Mandeln und Zitronen in bester Qualität. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts mussten die Waren mühsam per Kutschen und Karren über steile Serpentinensträßchen durch die Berge nach Palma gebracht werden. Dem machte die Eisenbahngesellschaft „Ferrocarril de Sóller“ ein Ende.
Die Bahnstrecke wurde im April 1912 eröffnet und ist gut 27 Kilometer lang, finanziert wurde der Bau teils durch Bürger der Stadt Sóller. Anfangs von kleinen Dampfmaschinen gezogen, ruckeln und schaukeln die Schmalspur-Waggons aus englischer Produktion seit 1929 gemächlich hinter elektrischen Loks von Siemens-Schuckert einher, die dem Spitznamen „Roter Blitz“ wenig Ehre machen, das Tempo ist moderat. Transportiert werden nach Eröffnung eines Straßentunnels statt Waren hauptsächlich Touristen, mit rund einer Million Passagiere pro Jahr arbeitet die Bahn dem Vernehmen nach profitabel.
Das Tramuntana-Gebirge wird durch einen mutigen Viadukt und 13 pechschwarze Tunnels (der längste misst 2876 Meter) überwunden, in denen der kleine Zug mächtig rattert und dröhnt. Immer wieder tun sich großartige Blicke über schroffe Felsmassive und grüne Täler auf, durch hakelig zu öffnende Schiebefenster strömt würzige Bergluft in die Waggons.
Nach wenigen Zwischenstopps wird das Land flacher, die Trasse führt durch weite Zitrus- und Olivenhaine hindurch, dann geht es in die Vororte von Palma, mit gut 400.000 Einwohnern Hauptstadt Mallorcas. Nach einer Stunde Fahrzeit ist der kleine Bahnhof direkt an der zentralen Placa d’Espanya mit ihrem modernen XL- Busbahnhof im Untergrund erreicht, wo die Lok umrangiert wird – alles klar für die Rückreise Richtung Sóller.
Und dort wartet noch eine zweite Nostalgie-Bahn auf Urlauber. Direkt hinter der Endstation des „Roten Blitz“ startet die elektrische Straßenbahn zur fünf Kilometer langen Fahrt Richtung Port de Sóller, in den 3000 Einwohner kleinen Hafenort der Gebirgsstadt. Die offenen Waggons schaukeln hautnah an Häusern und Gärten des historischen Zentrums vorbei, ihr könnt unterwegs Blumen pflücken und schnuppert den frischen Espresso aus den Cafés.
Dann geht es durch das fruchtbare Hochtal, ringsum Berggipfel, es duftet in den offenen Tram-Wagen nach frischem Grün. Schließlich eine mutige Kurve, nun tut sich die fast kreisförmige Bucht von Port de Sóller auf. Die Bahn rattert auf der Strandpromenade entlang, und die luftige Fahrt endet am kleinen Hafen neben Yachten, Fischerbooten und Restaurants – eine geruhsame Zeitreise geht zu Ende.
Der „Rote Blitz“ zwischen Sóller und Palma verkehrt etwa sechsmal pro Tag (einfache Fahrt derzeit 18, Retour-Ticket 25 Euro), die Straßenbahn zwischen Sóller und Port de Sóller tagsüber alle 30 Minuten bis Stunde (einfache Fahrt 7 Euro). Mehr Infos dazu findet ihr hier.
Unser Video zeigt Impressionen von der Straßenbahn- und Eisenbahnfahrt von Port de Sóller über Sóller bis Palma de Mallorca:
Wer vor der Rückfahrt von Palma nach Sóller ein bisschen warten muss, kann auf dem Bahnsteig das kleine Museum Tren de l’Art besichtigen, das u.a. Bilder von Miró ausstellt.
Artikel teilen:
Der Gebirgsort Sóller (ca. 14.000 Einwohner) ist Geburtsstätte der Eisenbahn "Roter Blitz" – einst für den Transport von Früchten in die Hauptstadt Palma gebaut, befördert der kleine Zug heute hauptsächlich Touristen. Die Bahnstrecke ist 27 Kilometer lang, einziger wichtiger Haltepunkt unterwegs ist Banyola (dazu einige Bedarfshaltestellen). Zum rund fünf Kilometer entfernten Hafenort Port de Sóller (ca. 3000 Einwohner) fährt von Sóller eine historische Straßenbahn.
Möchtest Du uns etwas sagen?
Super! Dein Feedback hilft uns dabei, das HolidayCheck Reisemagazin Away besser zu machen!
Feedback abgeben